Sechs Stunden liegen zwischen Berlin und Peking, die Sportler aus Nord- und Südamerika hinken der chinesischen Zeit sogar bis zu 16 Stunden hinterher – ganz klar, auch der Jetlag spielte in der Vorbereitung der Athleten eine wichtige Rolle.
Als Jetlag gelten die Effekte, die auftreten, wenn der Biorhythmus des Menschen, sein natürlicher Schlaf-Wach-Rhythmus gestört wird, wenn er mehrere Zeitzonen überspringt. Für sensible Hochleistungs-Sportler, die in der Regel an feste Trainings-Zeiten und an ein strenges Schlaf-Regime gewöhnt sind, kann der Jetlag deshalb zu einem echten Problem werden, das sich letztlich auf die Leistung auswirken kann.
Die Chemie hinter der inneren Uhr
Selbst bei Laborversuchen unter Ausschalten aller Hinweise auf die Tageszeit, stellte sich bei Versuchspersonen ein 24,5-Stunden-Rhythmus ein. Die innere Uhr ist also kaum auszutricksen, sie tickt, ob wir wollen oder nicht.
Verantwortlich dafür ist eine Zellgruppierung im Zwischenhirn, der Suprachiasmatische Nucleus (SCN) in Höhe des Hypothalamus. In der Regel wird der SCN durch äußere Reize stimuliert. Er steht in engem Kontakt mit der Netzhaut im Auge, die die Lichtintensität wahrnimmt. Der SCN gibt diese Lichtsignale an die Zirbeldrüse, die wiederum produziert das für den Biorhythmus notwendige Melatonin.
Ist es dunkel, wird die Produktion von Melatonin angeregt, in der Regel also nachts, am Tage nimmt die Freisetzung von Melatonin ab. Das Melatonin selbst macht müde, es fördert die Schlafbereitschaft des Körpers. Ist die Produktion im vollem Gange – weil es draußen dunkel ist – steigt die Hauttemperatur an, die Hautgefäße weiten sich und die Temperatur im Körperinneren sinkt. In dem von der inneren Uhr vorgegebenen Zyklus erreicht die Körperkerntemperatur ein Minimum zwischen drei und sieben Uhr morgens. Mit dem Anstieg der Körperkerntemperatur zu Tagesbeginn nehmen die geistige und körperliche Leistungsfähigkeit zu.
Fliegt man nach Osten, wie die deutschen Sportler nach Peking, geht die innere Uhr quasi nach. Es wird dunkel, obwohl die innere Uhr noch sagt, es ist Nachmittag oder Mittagszeit. Die Folge: Schlafstörungen.
Austricksen möglich
Um dem vorzubeugen, sollten die Athleten sich eine gewisse Zeit der Anpassung an den neuen Rhythmus gewähren. Mediziner gehen davon aus, dass innere Uhr pro Tag um eine Stunde „verstellt“ werden kann. Bei einem Zeitunterschied von sechs Stunden wird also ein Vorlauf von sechs Tagen notwendig.
Auch künstliches Licht ist eine Alternative zur Anpassung an die chinesische Uhrzeit. Frühmorgens zeitig raus, Training unter Neon-Lampen und abends zeitig ins Bett – so können sich die Athleten auf Peking vorbereiten.
Auch die Einnahme von Melatonin kann die Anpassung an eine neue Zeitzone beschleunigen, besonders wenn es sich um mehr als fünf Zeitzonen handelt und die Reise in östliche Richtung geht wie zu den Olympischen Spielen. Dazu sollten zwei bis fünf Milligramm pünktlich zwischen 22 und 24 Uhr Ortszeit eingenommen werden.
Vorsicht, Doping-Falle
Die deutschen Ärzte warnen aber gleichzeitig vor einer Doping-Falle. In Deutschland sei kein Melatonin-Präparat im Handel, könne aber aus den USA bezogen werden. Dort wird es als Nahrungsergänzungsmittel vertrieben, und als solches werden die Präparate nicht auf ihre Reinheit untersucht. Untersuchungen im Doping-Labor an der Deutschen Sporthochschule Köln haben erst kürzlich gezeigt, dass einige Melatonin-Präparate mit anabolen Steroiden verunreinigt waren, die ganz oben auf der Doping-Liste stehen.
Stand: 09.08.2008