Im jordanischen Bergland von Edom, hier kreuzten sich mehrere Karawanenwege, unter anderem auch die aus dem Jemen kommende Weihrauchstraße
Erbauer: das antike nordwestarabische Volk der Nabatäer
Bauzeit: zwischen 300. v.Chr. und 300 n.Chr.
Charakteristiken: Zahlreiche Grabtempel und Felsengräber, sowie ein Amphitheater, die aus dem bunten Sandstein eines Feldkessels herausgemeißelt wurden. Seit 1985 UNESCO-Weltkulturerbe
Zweck: Hauptstadt des Reiches der Nabatäer.
Zustand: relativ gut erhalten
Petra ist ein verborgener Ort: Unsichtbar zwischen hohen Felswänden versteckt, mitten in der kargen Felswüste Jordaniens. Lange Zeit vergessen, ist die Stadt selbst heute nur mühsam zu erreichen: Wer hineingelangen will, muss zu Fuß oder auf dem Pferderücken über einen schmalen Gebirgspfad balancieren oder aber eine bis zu 200 Meter tiefe und an einigen Stellen gerade einmal zwei Meter breite Felsenschlucht durchqueren.
Doch dann eröffnet sich ein faszinierendes Panorama: Ein Felsenkessel, dessen rötliche Wände über und über mit Tempelfassaden von ganz eigener Schönheit bedeckt sind. Fast 40 Meter hoch ragen die aus dem massiven Sandstein geschlagenen Gebäudefronten hin die Höhe, gebändert leuchten sie in allen Schattierungen von rot über gelb, weiß und sogar tiefem Schwarz. Die Nabatäer, deren Hauptstadt dieser Ort von etwa 500 v.Chr. bis 106 n.Chr. war, nannten sie daher auch „raqm“ – bunt gestreifter Fels.
Vom Zelt zur Felsenstadt
Die Besiedelung dieses Felsenkessels begann jedoch schon sehr viel früher. Wie Archäologen herausgefunden haben, schlugen schon Steinzeitmenschen in diesem geschützten Ort ihr Lager auf. Später siedelten die Edomiter hier, ein Volk von Ackerbauern und Viehzüchtern. Im alten Testament der Bibel wird Petra als „Sela“ – Felsenstadt“ und Hauptstadt der Edomiter erwähnt. Seine Blütezeit jedoch erlebte Petra erst unter den Nabatäern. Dieses Nomadenvolk aus dem Inneren Arabiens verdrängte ab 500 v. Chr. die Edomiter und begann nach und nach, sesshaft zu werden. Anfangs in einem Zeltlager inmitten der Felswände lebend, begannen die Nabatäer allmählich, ihre Umgebung zu gestalten. Sie gruben Gänge und Höhlen in den Sandstein und meißelten kunstvolle Fassaden aus den fast senkrechten Wänden des Kessels heraus.
Nach Ansicht von Schweizer Archäologen, die seit 1988 fast kontinuierlich hier graben, hatten die ersten Feldbauten vermutlich eher kultische Bedeutung. Die Stammesmitglieder versammelten sich in dem aus Stein gehauenen Amphitheater um rituelle Feste zu feiern, ihre Toten bestatteten sie feierlich in Felsgräbern. Die Fassaden dieser Grabtempel dominieren bis heute das Bild dieser geheimnisvollen Mischung aus Architektur und Höhlenwelt.
Verborgene Oase inmitten der Ödnis
Im zweiten Jahrhundert v.Chr. schließlich war aus den einstigen Nomaden ein wohlhabendes und sesshaftes Volk geworden. Petra, gut geschützt und zudem noch an der Schnittstelle gleich mehrerer Karawanenwege gelegen, war Zentrum und Hauptstadt des Nabatäerreiches. Dicht an dicht waren die Wände des Felsentals nun mit den Säulen, Portalen und Reliefs ihrer Gebäudefassaden bedeckt. Auch das wohl berühmteste Gebäude Petras entstand in dieser Zeit: Khazne al-Firaun, das Schatzhaus des Pharao, wie es die Beduinen heute nennen. Tatsächlich aber verbirgt diese 40 Meter hohe und 25 Meter breite reich verzierte Fassade ein Felsgrab, möglicherweise das des Nabatäerkönigs Aretas IV. aus dem ersten Jahrhundert v. Chr.
Mithilfe eines ausgeklügelten Bewässerungssystems leiteten die Nabatäer das Wasser eines Gebirgsbachs über Tonröhren in die Stadt und schufen so eine künstliche Oase, verborgen inmitten der Wüste. Der Legende nach ließ der biblische Moses beim Auszug der Israeliten aus Ägypten an dieser Stelle Wasser aus dem Stein sprudeln – durch einen einzigen Schlag seines Stabes. Bis heute heißt die Umgebung der Stadt daher Wadi Musa, Tal des Moses.
Undercover in den Felsenkessel
Nach dem Niedergang des Nabatäerreiches und dem Auszug des letzten Bewohners aus Petra um 600 n.Chr. versank der Ort lange Zeit im Dunkel des Vergessens. Nur wenige Gelehrte kannten noch die Legenden von einer aus Stein gehauenen Stadt im Fels. Doch einer wollte es wissen: der schweizerische Arabienreisende Johann Ludwig Burckhardt. Auf der Durchreise von Aleppo nach Ägypten hörte er 1812, dass die sagenumwobene Felsstadt ganz in der Nähe liegen sollte – Fremden sei der Zutritt jedoch verwehrt. Burckhardt griff zu einem Trick: Als „Scheich Ibrahim“ und gläubiger Moslem stellte er sich den in der Umgebung Petra lebenden Beduinen vor und wurde von ihnen tatsächlich in die verborgenen Felsenschlucht geführt. Dieser „Neuentdeckung“ folgte ein stetiger Strom von Gelehrten, Archäologen und Entdeckungsreisenden. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts begann dann auch die Ära der wissenschaftlichen Ausgrabungen – und hält bis heute an.
Stand: 16.08.2007