Phänomene

Eine saubere Lösung

Ablauf der Apoptose

Folgendes, wenn auch mikroskopisch kleines Drama spielt sich täglich millionenfach in unserem Körper ab:

Das Immunsystem hat soeben eine T-Killer Zelle aus ihrer Ruhe erweckt. Ihre Aufgabe ist es, Zellen, die abnorme Funktionsmuster aufweisen, zum Selbstmord zu veranlassen. Die Killerzelle bezieht Stellung an der kranken Zelle und gibt einen Botenstoff ab. Botenstoffe werden überall im Körper benutzt, um Informationen und Signale zwischen Zellen auszutauschen. Für unser Immunsystem sind Zytokine zuständig. Zu diesen gehören auch die Todesboten der Apoptose, so genannte Tumornekrosefaktoren, kurz TNF.

Die Empfänger der Todesbotschaft

Auf der Oberfläche der befallenen Zelle warten „Todesrezeptoren“ auf ein Signal, das sie nur einmal weiterleiten werden. Wie ein Schloss nur mit einem bestimmten Schlüssel zu öffnen ist, so reagieren die Todesrezeptoren nur auf die Botenstoffe der Apoptose. Docken die TNF an ihren Rezeptoren an, gibt es keinen Weg zurück. Im Inneren der Zelle wird eine Kaskade ausgelöst, deren Finale auch das Ende der Zelle bedeutet.

Zellen vor und nach UV-Bestrahlung © Thomas Brunner, Institut für Pathologie Abteilung Immunpathologie, Universität Bern

Die Caspase – Kaskade

Die Rezeptoren leiten im Zellinneren den Zusammenschluss einer bestimmten Kette von Proteinen ein, die nun die Hauptakteure der Apoptose aktivieren. Denn egal wo im Körper umgebaut, zersetzt oder gespalten wird, ohne Enzyme läuft nichts. Der programmierte Zelltod ist auf so genannte Cystein-Aspartyl-spezifische Proteasen angewiesen. Und da vor diesem Fachwort-Ungeheuer selbst gestandene Wissenschaftler zurückschrecken, nennt man sie schlicht Caspasen. Diese Enzyme werden in zwei Gruppen unterteilt. Initiatorcaspasen sind selbst nicht an der eigentlichen Außer-Betriebstellung der Zelle beteiligt. Diese Arbeit wird von Effektorcaspasen verrichtet, die vorher durch die Tätigkeit der Initiatorcaspase aktiviert werden.

Der letzte Akt

Die Effektorcaspasen fangen nun nicht etwa an die Zelle wild auseinanderzunehmen. Sie verändern vielmehr gezielt die innere und äußere Struktur der Zelle. Die Möglichkeit dazu schafft ihnen eine weitere Gemeinsamkeit aller Körperzellen. Denn die Vielfältigkeit ihrer Funktionen und Gestalten wird ihnen durch ein Skelett aus Proteinen im Zellinneren ermöglicht. Eben dieses Zellskelett wird von den Caspasen so umgebaut, dass sich die Zelle selbst auseinanderschnürt. Die Membran, die “Haut“ der Zelle, bleibt dabei intakt.

Die “Kettensäge“ der Apoptose. Dieses Enzym spaltet zentrale Proteine der apoptotischen Zelle. © NCBI

Übrig bleiben geschrumpfte, kleinste Bestandteile der ehemaligen Zelle. Jedes für sich von der noch intakten Zellmembran umschlossen, enthalten sie sauber zerlegte Teile der ehemaligen Zellorgane. Solche apoptotischen Körperchen sind eine willkommene Mahlzeit, welche die Fresszellen, sozusagen die körpereigene Putztruppe, nicht ausschlagen werden.

Der Weg von innen

Die Kraftwerke unserer Zellen, die Mitochondrien, sind ebenfalls in der Lage den geordneten Rückzug aus dem Zellverband einzuleiten. Denn Mitochondrien reagieren am sensibelsten auf Umstände, die sich ungünstig auf die Zelle auswirken könnten. Werden sie beschädigt, schütten sie das Protein Cytochrom C aus, welches wiederum die Caspasen aktiviert.

Die Zelle ist darüber hinaus aufgrund eigener Programme in der Lage herauszufinden, ob z. B. der genetische Code noch intakt ist. Fällt dieser regelmäßige Gesundheitscheck negativ aus, werden auch in diesem Fall die Mitochondrien veranlasst den Zelltod einzuleiten.

Oft ist die Aktivierung des Zelltod-Programms von außen und innen miteinander verknüpft.

Warum so umständlich?

Aber warum hat der Körper einen derart komplexen Mechanismus geschaffen um unliebsame oder überflüssige Zellen aus dem Verkehr zu ziehen? Ginge das denn nicht einfacher? Tatsächlich ist die Apoptose nicht der einzige Weg des Zelltods. Den meisten Menschen wird der Begriff der Nekrose schon einmal begegnet sein. Und nicht umsonst assoziiert man damit nichts Positives. Denn bei der Nekrose handelt es sich um die unkontrollierte Zerstörung der Zellstruktur. Die Membran wird hierbei beschädigt und der Zellinhalt reagiert mit dem umliegenden Gewebe. Es kommt zu Entzündungen, und damit zu einer Belastung des Organismus. Der Zelltod durch Nekrose ist nicht vom Organismus beabsichtigt und damit krankhafter Natur.

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Stand: 29.06.2007

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Apoptose – der programmierte Zelltod
Die Lizenz zum Töten

Wozu Apoptose?
Ohne Zelltod kein Leben

Eine saubere Lösung
Ablauf der Apoptose

Zu wenig Tod macht krank
Störungen der Apoptose

... zu viel Tod ebenfalls
Apoptose außer Kontrolle

Apoptoseforschung
komplex, vielversprechend, noch lange nicht am Ziel

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