Die Forschung hat momentan noch alle Hände voll zu tun, die komplizierten Signalketten des programmierten Zelltodes restlos zu aufzuklären. Die Grundprinzipien hat man zwar verstanden, jedoch sind am Prozess der Apoptose je nach Krankheitsbild eine ungleich höhere Menge an Proteinen in verschiedensten Funktionen tätig, als die vorangegangene Darstellung ahnen lässt. Wie enorm der betriebene Aufwand ist, lässt die Zahl von über 38.000 veröffentlichten medizinischen Arbeiten innerhalb der letzten zehn Jahre unter dem Titel “Apoptose“ erahnen. Wo steht die Forschung momentan, und wann könnten Patienten von ihr profitieren?
Neue Wege für die Chemotherapie
Ohne es wirklich zu wissen, therapiert man schon seit Jahrzehnten Krebspatienten durch Apoptose. Denn Chemotherapie und Bestrahlung bewirken letztendlich nichts Anderes. Das neue Wissen um die Rolle des programmierten Selbstmordes ermöglicht es jedoch, durch Reorganisation bewährter Strategien, die Erfolgsraten zu erhöhen. Doch von einer gezielten Nutzung neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse kann bisher noch kaum die Rede sein. Man hofft jedoch in Zukunft die Krebszellen mithilfe neuer Mittel empfänglicher für die Chemotherapie machen zu können, in dem man ihre Resistenz gegen die Botenstoffe der Apoptose aufhebt.
Tierversuche bereits erfolgreich.
Die Apoptoseforschung beschäftigt sich in den meisten Gebieten noch mit den Grundlagen. Im Bereich der Schlaganfalltherapie werden immerhin schon “Mauspatienten“ behandelt, was einen Einsatz im Klinkalltag zumindest absehbar macht.
“Die Wirkstoffe werden in nächster Zeit auch in die klinische Erprobung für die Therapie beim Menschen gehen“ ,erklärt dazu Peter H. Krammer, Leiter der Abteilung Immungenetik am Deutschen Krebsforschungsizentrums, in einem Interview der Helmholtz Gemeinschaft.
Auch in der Gentherapie steckt Potential. Eine krebsgeschädigte Zelle mithilfe des richtigen Gens zur Wiederaufnahme ihrer Apoptosetätigkeit anzustoßen, ist eine vielversprechende Möglichkeit. Doch Nebenwirkungen der Gentherapie haben in der Vergangenheit häufiger für negative Schlagzeilen gesorgt, so dass die Forschung hier ausgebremst wurde. Ganz aufgegeben wurde dieser Weg jedoch nicht. So wurde an der FU-Berlin mit Hilfe gentherapeutischer Methoden das Wachstum von Melanomzellen an Mäusen verhindert. Aktivierte Gene, welche die Aktivität der Apoptose-Botenstoff-Rezeptoren beeinflussen, gaben hier den Ausschlag.
Doch von der Maus zum Menschen ist es noch ein langer Weg, und eine Erfolgsgarantie kann niemand geben. Außerdem ist dieser Weg nur in kleinen Schritten gangbar. Denn wenn es darum geht, einen so fundamentalen Prozess zu beeinflussen, ist aus Sicht der Forscher höchste Vorsicht geboten. Wo immer man die Apoptose hemmen, auslösen oder beschleunigen will, darf dies nur sehr gezielt und kontrolliert passieren. Eine Fehlsteuerung könnte für gesunde Zellen sowie den gesamten Organismus fatale Folgen haben. Auch deswegen kann es noch einige Jahre dauern, bis die Patienten die Früchte der umfangreichen Forschungsarbeiten ernten können.
Stand: 29.06.2007