„Einer für alle, alle für einen“. Dies ist nicht nur der Wahlspruch der drei Musketiere, sondern passt auch hervorragend zu einer Portugiesischen Galeere. Denn diese Qualle ist nie allein. Auch wenn der Name nach einem einzigen Tier klingt, trifft dies hier nicht ganz den Kern der Sache. Die Meeresbewohnerin besteht aus einer Vielzahl von Individuen, die alle miteinander verbunden sind.
Die Portugiesische Galeere gehört zu der rund 150 Arten starken Gruppe der Staatsquallen. Das besondere an diesen Tieren ist eine Eigenschaft, die man ansonsten nur von wesentlich höher entwickelten sozialen Insekten kennt, wie zum Beispiel von Ameisen oder Bienen. Denn Staatsquallen sind im Laufe der Evolution zu Staatenbildnern geworden. Unzählige kleine Einzellebewesen, so genannte Polypen, schließen sich zu einem Verband zusammen und teilen die im Leben einer Qualle anfallenden Arbeiten gerecht unter sich auf.
Fresspolyp, Segel & Co
Die einzelnen Individuen an Bord der Galeere sind dermaßen spezialisiert und aufeinander abgestimmt, dass man den Eindruck hat, es handelt sich nur um die verschiedenen Organe eines einzigen Tieres und nicht um zahlreiche Organismen die „Job-Sharing“ betreiben. Jeder übernimmt im großen Verbund eine spezielle Funktion, von der alle anderen Polypen profitieren.
Dem auffälligsten der Polypen verdankt die Qualle ihren Namen. Er bildet das „Segel“ aus, das die Hochseebewohnerin, wie das gleichnamige mittelalterliche Kriegsschiff, über die Ozeane treiben lässt. Dabei handelt es sich um einen bläulich schimmernden bis 30 Zentimeter messenden Luftsack, der mit Kohlendioxid und Stickstoff gefüllt ist. Die Gasblase sorgt für den nötigen Auftrieb der Qualle und ermöglicht ihr die Fortbewegung mit Hilfe des Windes. Forscher vermuten zudem, dass die Portugiesische Galeere durch einen auf die Lufthülle aufgesetzten Kamm navigieren kann. Dieser wird durch Muskeln bewegt und verändert so die aerodynamischen Eigenschaften der Qualle.
Es gibt aber auch „Fangpolypen“, die nur darauf aus sind, Beutetiere für das Kollektiv zu jagen. Zu diesem Zweck bilden sie bis zu 50 Meter lange Tentakel aus, an denen sich pro Zentimeter rund 1.000 giftige Nesselkapseln befinden. Ist ihnen ein Fisch oder Krebs in die Fangarme geraten, holen sie diese langen Schnüre ein und übergeben das Opfer so an den „Mund“ der Kolonie. Dort übernehmen extra für diese Aufgabe installierte Individuen die Verdauung und anschließende Verteilung der Nahrung an den gesamten Organismus. Außerdem gibt es Geschlechtspolypen, die ausschließlich für die Fortpflanzung zuständig sind, Polypen die der Feindabwehr dienen und viele weitere mehr.
Leben mit und von der Qualle
Doch selbst die stärkste Kolonie hat ihre Feinde. Denn auch wenn die Portugiesische Galeere über ein wirkungsvolles Gift verfügt, gibt es einige Tiere die sich davon nicht beeindrucken lassen und sogar vom glibberigen Jäger profitieren. Der Quallenfisch zum Beispiel ist weitgehend gegen das Gift immun und verbirgt sich zum Schutz vor anderen Fressfeinden sogar in den giftigen Tentakeln der Galeere. Wenn sich nichts anderes findet, knabbert er sogar gelegentlich an den Fangarmen. Nur in Ausnahmefällen scheint seine Immunität nicht zu greifen und Nomeus gronovi wird selbst zum Opfer.
Verschiedene Schildkröten und Schnecken haben sogar die ganze Qualle zum Fressen gern. Auf ihrem Speiseplan steht die ungewöhnliche Meeresbewohnerin an erster Stelle. Und die Nacktschnecke Glaucus lebt nicht nur von der Portugiesischen Galeere, sondern sie verleibt sich die giftigen Nesselkapseln der Qualle sogar zum Selbstschutz ein. Um sich ihrem Opfer nähern zu können, sondern die Schnecken eine Schleimschicht ab, die sie sicher vor den Tentakeln und den Nesselzellen schützt.
MSC
Stand: 15.06.2007