Was die kosmischen Teilchen auf ihre unvorstellbaren Geschwindigkeiten bringt, wissen die Physiker, wenige Jahre nach Inbetriebnahme von Auger, noch nicht. „Es gibt eine Reihe von plausiblen Annahmen über Beschleunigungsmechanismen“, erklärt Ivor Fleck. Die populärste Idee geht demnach davon aus, dass Schockwellen in Supernovaexplosionen die Teilchen auf Touren bringen.
Die Suche nach dem Ursprung
„Diesen relativistischen Schocks traut man zu, Teilchen auf bis zu 1.015 Elektronenvolt katapultieren zu können“, so Fleck. „In den großen Weiten des Universums können diese Teilchen dann durch die Wechselwirkung und Kollision mit ausgedehnten Magnetwolken nachbeschleunigt werden“, ergänzt Buchholz und stützt sich damit auf eine Theorie des berühmten Physikers Enrico Fermi. Dies sei aber nicht die einzig mögliche Erklärung: „Auch der Zerfall noch unentdeckter massereicher Ur-Elementarteilchen oder primordialer topologischer Defekte könnte eine Quelle hochenergetischer Teilchen sein“, so Buchholz.
Als wollten die Physiker mit der Beschleunigung ihrer Erkenntnisobjekte Schritt halten, treiben auch sie die Forschung zur hochenergetischen kosmischen Strahlung in stetig steigendem Tempo voran. So ist für 2009 die Installation eines weiteren Observatoriums von der Größe von Auger auf der nördlichen Erdhalbkugel geplant. Dieses Zwillingsprojekt in Colorado, USA, wird den nördlichen Teil des Himmels beobachten und so, zusammen mit dem Projekt in Argentinien, den kompletten Himmel abdecken.
Forschung auch in Deutschland
Die Forscher spüren den Geheimnissen der winzigen Boten aus den Tiefen des Alls aber nicht nur in den zivilisationsfernen Gegenden unserer Erde nach. Auch in den globalen Ballungsgebieten haben die Wissenschaftler Experimente installiert, die ihr Bild von den extraterrestrischen Partikeln vervollständigen. So greift das Team von Peter Buchholz auch auf Daten zu, die in Deutschland gewonnen werden.
Bei ‚KASCADE-Grande’ am Forschungszentrum Karlsruhe untersuchen die Siegener, wiederum im Verbund mit zahlreichen anderen Universitäten, kosmische Schauer, deren Energie im Bereich von 1.014 bis 1.018 eV liegt und die mit einer Rate von weniger als einem Teilchen pro Tag und pro Quadratmeter auftreffen. Für das Experiment haben die Wissenschaftler 289 Detektoren über das Gelände des Forschungszentrums verteilt. Ergänzt wird KASCADE-Grande durch das Experiment LOPES. LOPES funktioniert als eine Art Horchposten. Das Experiment misst die Radiosignale der durch kosmische Strahlung ausgelösten Luftschauer im Frequenzbereich von 40 bis 80 Megahertz.
In einigen Jahren hofft das Team von Ivor Fleck und Peter Buchholz dann ein paar von den Rätseln um die kosmische Strahlung gelöst zu haben. Derweil werden die Mitarbeiter sich aber auf ihren regelmäßigen Flügen in die argentinische Pampa noch viele Male selbst dem kosmischen Teilchenregen in den oberen Luftschichten der Atmosphäre aussetzen müssen.
Stand: 25.05.2007