Seit mehreren Jahren beobachten die Kameras an Bord der Raumsonde Mars Global Surveyor gezielt zehntausende von Rinnen in den Innenflächen von Kratern und anderen Senken. Denn sie stehen bereits seit geraumer Zeit im Verdacht, möglicherweise durch austretendes Wasser entstanden zu sein. Die Frage war jedoch, ob sie Relikte einer fernen Vergangenheit sind oder aber vielleicht doch auch heute noch neu entstehen können. Schon einmal, im Jahr 2002 entdeckte die Sonde tatsächlich eine neu entstandene Rinne. Doch da sich diese in einer Sanddüne befand, hielten die Forscher damals Sandrinnsale für die treibende Kraft hinter der Schluchtenentstehung. Es fehlte der direkte Hinweis auf Wasser.
Im Dezember 2006 sorgten neue Aufnahmen der NASA-Sonde Mars Global Surveyor für eine kleine Sensation: Denn sie deuteten erstmals auf die – zumindest temporäre – Existenz von flüssigem Wasser auf dem heutigen Mars hin. Entscheidendes Indiz dafür: Frische, erst in den letzen sieben Jahren entstandene Sediment-Ablagerungen in einer Kraterwand.
Innerhalb weniger Jahre entstanden
Dass tatsächlich eine Flüssigkeit hinter der Rinnenbildung stehen könnte, belegten erst die neuen Aufnahmen. Gleich an zwei Stellen, in Kratern der Terra Sirenum und der Centauri Montes Region, zeigten die neuen Aufnahmen im Vergleich zu früheren Bildern der gleichen Regionen frische, nur wenige Jahre alte Einsenkungen und Ablagerungen.
Die beiden frischen Ablagerungen sind jeweils mehrere hundert Meter lang und hell gefärbt. Genau dies ist nach Ansicht der Wissenschaftler ein weiterer Hinweis auf flüssiges Wasser: Würde es sich hier nur um Abrutschungen von trockenem Staub handeln, wären die Ablagerungen vermutlich eher dunkel – ähnlich wie der durch Staubstürme oder die beiden Marsfahrzeuge aufgewühlte Untergrund.
Die helle Färbung dagegen weist auf Eisbildung hin. Eis, das möglicherweise sogar immer wieder durch nachströmendes Wasser ergänzt wird. Denn die Atmosphäre des Mars ist so dünn und kalt, dass flüssiges Wasser an der Oberfläche nicht lange überdauern kann. Es verdampft entweder sofort oder gefriert.
Zumindest zeitweise flüssig?
Die NASA-Wissenschaftler vermuten nun jedoch, dass das Wasser in flüssiger Form zumindest lange genug „überlebt“, um Geröll und Sediment hangabwärts zu transportieren und dabei solche Rinnen wie die beiden jetzt entdeckten entstehen zu lassen. „Diese Beobachtungen sind der stärkste Beweis bisher, dass Wasser noch immer zeitweise auf der Marsoberfläche fließt“, erklärt Michael Meyer, Leitender Wissenschaftler des Marserkundungsprogramms der NASA.
„Die Formen dieser Ablagerungen sind genau die, die man erwarten würde, wenn Material durch fließendes Wasser transportiert wird. Sie haben hangabwärts fingerähnliche Verzweigungen und werden durch kleinere Hindernisse abgelenkt“, erklärt Michael Malin, dessen Firma Malin Space Science Systems für die Kameratechnik der Sonde verantwortlich ist. „Die Möglichkeit weckt natürlich Fragen darüber, wie das Wasser im Untergrund flüssig bleiben kann, wie ausgedehnt diese Reservoirs sein mögen und ob es ein feuchtes Habitat unter der Oberfläche gibt, das Leben ermöglichen könnte. Zukünftige Missionen könnten die Antworten zu diesen Fragen liefern.“
Stand: 04.04.2007