Hare ist überzeugt davon, dass die soziale Intelligenz einer Tierart nicht von ihrer Gehirnmasse abhängt, sondern von ihrem Temperament. Bestärkt haben ihn darin seine Forschungen an Bonobos im Lola-Ya- Schutzgebiet. Dort gibt es 45 Tiere, während es im Köhler-Zentrum lediglich sechs Tiere sind – nach Hares Meinung zu wenig, um diese Schimpansenart wirklich zu verstehen. Denn Bonobos leben in großen Gruppen mit 40 bis 50 Mitgliedern.
„Bonobos sind äußerst sozial. Schimpansen leben weitgehend getrennt“, sagt Hare. „Man trifft sich, zu viert oder fünft, für einen Tag, geht dann für den Rest der Woche seiner Wege. Bonobos aber sind immer zusammen.“
Der Versuch mit den zwei Futternäpfen auf einem Brett verläuft bei Bonobos vollkommen anders als bei Schimpansen. „Sobald die beiden beteiligten Tiere merken, dass es etwas zu fressen gibt, haben sie erst einmal Sex. „Verrückten Sex”, staunt Brian Hare: „Zwei Männchen – sie haben Sex. Zwei Weibchen – sie haben Sex.“ Sie umarmen sich, drücken sich, reiben die Genitalien aneinander. Manchmal hat ein Tier einen Orgasmus. Meistens aber ist Sex eine freundschaftliche Geste. Dann fressen sie. Sie leeren die Schüssel gemeinsam. Jeder – ohne Ausnahme.
Gibt es zwei gefüllte Näpfe, machen sich beide Tiere gemeinsam erst über die eine, danach über die andere Schüssel her. Aufgrund dieser großen Toleranz, so vermutet Hare, seien Bonobos in ihren kooperativen Fähigkeiten recht menschenähnlich. Weitere Versuche werden zeigen, ob diese Vermutung stimmt.
Stand: 20.10.2006