Raumfahrt

Algen, CELSS und Bios-3

Sibirien als erstes Testlabor für Weltraumbedingungen

Vorreiter auf dem Gebiet der bioregenerativen Lebenserhaltungssysteme war Russland, dass schon in den fünfziger und sechziger Jahren mit ersten Versuchen zu so genannten "Controlled Ecological Life Support Systems" (CELSS) begann. Als aussichtsreichste Kandidaten für die Rolle der "lifesaver" galten zu dieser Zeit einzellige Algen, die in flachen Wasserbecken gezüchtet und untersucht wurden.

Das erste bemannte CELSS Experiment fand 1965 im Institut für Biophysik im russischen Krasnojarsk statt. Es zeigte sich, dass ein Algentank von acht Quadratmeter Fläche ausreichte, um in einer geschlossenen Stahlkammer die Atemluft für einen Menschen im Gleichgewicht zu halten. Allerdings war das getestete System nur bedingt geschlossen, da sowohl Wasser als auch Nährstoffe für die Algen von außen zugeführt wurden. In späteren Versionen des Experiments erreichte man aber immerhin eine Wiederverwertungsrate von 80 bis 85 Prozent.

Bios-3: Sechs Monate Isolation

Der nächste Schritt war es, dieses geschlossene System um verschiedene Getreide- und Gemüsepflanzen zu ergänzen, die als Nahrungsgrundlage für die Astronauten dienen sollten und echte Langzeittests durchzuführen. Bios-3 war geboren. Die luftdicht abgeschlossene Versuchsstation bestand aus vier gleichen Einheiten. Zwei für Weizen und Gemüse, eine dritte mit dem Algentank und die vierte mit den Wohnquartieren der dreiköpfigen Besatzung.

Sechs Monate lang blieben drei Menschen im Inneren dieses "Raumschiffs auf festem Boden". Sie waren darauf angewiesen, von dem zu leben, was sie selbst anpflanzten und ernteten und hatten nur die Luft zum Atmen, die die Pflanzen für sie reinigten und aufbereiteten.

Balance kippt

Nach einiger Zeit zeigte sich, dass die biologischen Systeme zur Lufterneuerung zwar funktionierten, aber nicht ganz ausreichten, um alle organischen Gase zu absorbieren. Ein zusätzlicher Katalysefilter mußte daher eingebaut werden. Außerdem traten negative Wechselwirkungen zwischen den Algen und den höheren Pflanzen auf.

Offensichtlich produzierten die Algentanks einen bisher unbekannten Stoff, der einige der Pflanzenarten abtötete. Für die Besatzung der Bios-3 stellte diese Wechselwirkung noch keine Gefahr dar, das bestätigte auch Versuchsleiter Gitelson: "Bei der Besatzung, die für sechs Monate in dem Komplex geblieben ist, sind keinerlei Gesundheitsschäden oder Mangelerscheinungen aufgetreten." Auf einem Langstreckenflug beispielsweise zum Mars könnten diese für sich genommen kleineren Probleme für die Crew allerdings zu einer echten Bedrohung werden.

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Stand: 22.09.2006

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Wohnen im All
Lebensform der Zukunft oder teure Utopie?

Von Saljut bis zur ISS
Kleine Chronik der Raumstationen

Orangerien, Orbitalräder und Kolonisten
Frühe Vorstellungen von Weltraumsiedlungen

Der übernächste Schritt...
Die ersten konkreten Überlegungen

Lagrange-Punkte und Rohstoffe vom Mond...
Ein NASA Sommerworkshop bastelt Weltraumkolonien

Weltraumräder und Zylindersiedlungen...
Wie könnte eine Weltraumkolonie aussehen?

Außentanks zu Wohnhüllen...
Konzepte für die nähere Zukunft?

Pflanzen statt Vorratstanks
Bioregenerative Systeme als Voraussetzung für Daueraufenthalte im All

Algen, CELSS und Bios-3
Sibirien als erstes Testlabor für Weltraumbedingungen

Alaska, die NASA und Biosphere II
Private Initiativen auf dem Vormarsch

Der Columbus Effekt
Was treibt den Menschen zur Erschließung des Alls?

Brauchen wir Menschen im All?
Raumstationen, irdische Probleme und Eskapismus

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