Phänomene

Wasser-Schönheiten

Was "Meerweiber" und Geigenrochen gemeinsam haben

Der Mythos eines Wesens, das halb Fisch, halb Mensch ist erscheint in Legenden einiger der frühesten Kulturen der Welt. Bereits im fünften Jahrtausend vor Christus beteten die Babylonier eine fischschwänzige Gottheit namens Oannes an, der als amphibisches Wesen tagsüber das Meer verlasse und nachts wieder dorthin zurückkehre. Die Phönizier und Korinther verzierten ihre Münzen mit Abbildungen von Meerjungfrauen. Aber auch über das Altertum hinaus hat sich der Mythos der Seejungfrau gehalten.

Die Meerjungfrau in Kopenhagen © Aztec

Matrosen erzählten bei ihrer Rückkehr aus fernen Ländern und Meeren häufig von schönen Wesen, die halb Fisch, halb Frau seien. Sie nannten diese Wesen Seejungfrauen oder "Meerweiber". An deren Existenz war man nur allzu gern bereit zu glauben – aus Freude an der Fabel oder aus purem Geschäftssinn. Denn im Gegensatz zu den Fabelwesen, deren angenommene Größe die Fähigkeiten auch des findigsten Präparators überstrapaziert hätte, ist die Seejungfrau gradezu handlich, so groß wie ein Mensch, eher kleiner.

So war im 18. Jahrhundert die sogenannte "Jenny Haniver", die "Diable de Mer" eine beliebte Kuriosität. Sie wurde aus einem anderen Meereswesen hergestellt, einem Geigenrochen, der in Form eines entfernt menschenschenähnlichen, geflügelten Wesens zurechtgeschnitten, genadelt und getrocknet wurde.

Seejungfrauen waren beliebt. Dass man mit ihnen und mit der Leichtgläubigkeit seiner Mitmenschen auch weitaus beträchtlichere Summen verdienen konnte, bewies ein Londoner Tierpräparator in den 30er Jahren des 18. Jahrhunderts. Er stellte eine hässliche Kreatur her und verkaufe sie für 10.000 Pfund an zwei Italiener. Ein Naturforscher, den die beiden später zu Rate zogen, stellte allerdings missbilligend fest, dass das Wesen, wie so viele "Seejungfrauen seiner Zeit", ein präparierter Affe war, dem man eine Fischhaut aufgenäht hatte.

Augenzeugenberichte von lebenden fischschwänzigen Wesen wurden zumeist von Seefahrern geliefert. Hier mag der zwangsläufige Mangel an weiblicher Gesellschaft zum Teil den Blick getrübt haben – vielleicht haben die Seeleute aber auch bei dem, was sie als "Seejungfrau" beschrieben, mit scharfem Blick die charakteristischen Formen eines Meeressäugetieres erkannt und uminterpretiert – den Seekühen.

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Stand: 15.09.2006

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Inhalt des Dossiers

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Wasser-Schönheiten
Was "Meerweiber" und Geigenrochen gemeinsam haben

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