Lomonossow hatte jahrelang auf dem chemischen Laboratorium bestanden, weil er als leidenschaftlicher Physiker und Chemiker seine Theorien und Gedankengänge durch Experimente untermauern bzw. widerlegen will. Bis heute gilt er als Begründer der physikalischen Chemie, dem Spezialgebiet zwischen beiden Wissenschaften, bei dem die physikalischen Erscheinungen bei chemischen Reaktionen und die zugrunde liegenden physikalischen Gesetze untersucht werden.
Wozu verbrennt Luft?
Eine Frage, die ihn beschäftigt, ist beispielsweise, welche Rolle Luft bei der Verbrennung spielt. Im Jahre 1673 hatte der Engländer Robert Boyle in Experimenten festgestellt, dass beim Erhitzen von Blei in einem geschlossenen Gefäß und nach dem anschließenden Öffnen die Masse des Bleis zunimmt. Boyle erklärte dies mit der Aufnahme von „Feuerstoff“ durch die Gefäßwand.
Warum es beim Öffnen des Gefäßes ein zischendes Geräusch gab und Luft eingesogen wurde, blieb jedoch ein Rätsel. Beim Erhitzen des Bleis im geschlossenen Gefäß war ein Teil der Luft scheinbar „verschwunden“. 1756 kann Lomonossow das Geheimnis lüften. Die Beobachtung, dass das Verbrennungsprodukt des Bleis schwerer ist als die Ausgangsmasse, erklärt Lomonossow so: „Es sind die Luftpartikelchen, die sich mit den Metallen beim Erhitzen verbinden und diese in Kalke verwandeln“.
Das Lomonossow-Lavoisier-Gesetz
Doch damit nicht genug: Nachdem man den Sauerstoff und den Stickstoff in der Luft entdeckt hat, kommt der Franzose Antoine Laurent Lavoisier im Jahre 1777 darauf, dass sich bei der Verbrennung nur ein Teil der Luft mit dem verbrannten Metall verbindet. Er schlussfolgert: „Bei der Verbrennung der Metalle kommt es zur Vereinigung der Metalle mit Lebensluft (Sauerstoff).“
Aus den Arbeiten Lomonossows und Lavoisiers wird schließlich das Gesetz der Erhaltung der Masse formuliert und nach den beiden Chemikern als Lomonossow-Lavoisier-Gesetz benannt: „Die Masse der Produkte ist nach einer chemischen Reaktion genauso groß wie die Masse der Ausgangsstoffe.“
Eine eigene Glasmosaik-Manufaktur
Lomonossow nutzt sein Laboratorium auch für praktische Forschungen. In Freiberg hatte er Mineralogie studiert und sich mit den Grundlagen zur Herstellung von Glas vertraut gemacht. In Sankt Petersburg nun geht er daran, Glas auf verschiedene Weisen einzufärben. Seine Erfahrungen schreibt er im Aufsatz „Über den Nutzen des Glases“ nieder.
Seine Methoden der Buntglasproduktion und der Glasschmelze sind bereits so weit entwickelt, dass er die Erlaubnis erhält, eine Glasmanufaktur zur Herstellung von Glasmosaiken zu gründen. Eines der Mosaiken aus der Manufaktur, „Die Schlacht von Poltava“, ist noch heute im Hauptgebäude der Akademie der Wissenschaften in Sankt Petersburg zu sehen.
Gefährliche Experimente
Auch die Elektrizität hat es Lomonossow angetan. Er erfährt von den Experimenten Benjamins Franklins, der den Blitzableiter erfunden hatte, um die Existenz der Elektrizität in der Atmosphäre nachzuweisen. Lomonossow ist so begeistert, dass er beschließt gemeinsam mit seinem Akademie-Kollegen und Freund, dem deutschen Physiker Georg Wilhelm Richmann, eigene Versuche vorzunehmen.
Die Experimente jedoch werden Richmann zum Verhängnis. Die beiden haben an Richmanns Haus eine Eisenstange mit einem ungeerdeten Draht, der im Arbeitszimmer endet, montiert. Bei einem Gewitter schlägt der Blitz in das Messinstrument ein und Richmann wird dabei tödlich getroffen. Lomonossow wertet den Tod des Freundes trotz aller Tragik als würdigen Beitrag zum Erkenntnisgewinn in der Wissenschaft.
Stand: 28.07.2006