Termiten haben einen schlechten Ruf. Verantwortlich dafür sind vor allem die Trockenholztermiten. Sie machen sich an Holzbalken, Schiffsplanken und Eisenbahnschwellen zu schaffen und schrecken auf der Suche nach Nahrung sogar vor Kunststoffisolierungen von Elektrokabeln nicht zurück. Dies jedenfalls stellten vor einigen Jahren Ingenieure fest, nachdem die Steuerung der Schleusen des Panama-Kanals versagt hatte.
Um Holz verdauen zu können, brauchen Termiten jedoch Hilfe. Die Zersetzung der in den Pflanzenzellen reichlich vorhandenen Cellulose und insbesondere die Lösung der Verbindung aus Lignin und Cellulose beim Holz, ist für die Termiten eine „harte Nuss“. Im stark vergrößerten Enddarm der Termiten leben deshalb viele verschiedene Bakterien und/oder einfache Einzeller, so genannte Flagellaten, die den Insekten beim Holzabbau zur Hand gehen.
Zwar besitzen die Termiten in ihrem Darm auch selbst Cellulose zersetzende Enzyme (Cellulasen), die Hauptarbeit wird jedoch von den Mikroorganismen übernommen. Sie zerlegen das Holz in seine Bestandteile und produzieren dabei im Rahmen ihres Stoffwechsels Produkte wie Fettsäuren oder Milchsäuren, die dann von den Termiten weiterverwertet werden können.
Einer dieser Helfer im Miniaturformat sind die kugelrunden und völlig unbeweglichen Bakterien der Art Spirochaeta coccoides. Forscher der Johannes Gutenberg-Universität haben sie im Jahr 2006 im Darm des amerikanischen Holzfressers Neotermes castaneus erstmals entdeckt.
Die Vettern von für den Menschen gefährlichen Spirochäten wie der Syphilis- oder Lyme-Borreliose-Erreger haben sich auf die Verarbeitung von Mehr- und Zweifachzuckern spezialisiert. Sie setzen diese so genannten Oligo- und Disaccheride in Essigsäure um, die dann als Nahrungsgrundlage für die Termiten dient. „Mit seinem ungewöhnlichen Stoffwechsel hilft Spirochaeta coccoides den Termiten beim Holzabbau im Darm“, erläutert Jürgen Fröhlich vom Institut für Mikrobiologie und Weinforschung der Johannes Gutenberg-Universität die Rolle von Spirochaeta coccoides. Dabei profitieren beide Seiten: Termiten und Mikroorganismen.
Treibhausgas-Schleudern oder Treibstoff-Produzenten?
Der bei der Vergärung von Zuckern durch die Mikroorganismen gebildete Wasserstoff wird von so genannten methanogenen Bakterien weiter verarbeitet und zumindest teilweise zu Methan umgesetzt. Zusammen mit dem anfallenden C02 geben die Termiten das Gas in die Atmosphäre ab. Methan ist jedoch ein viel stärkeres Treibhausgas als das CO2. Ein Molekül Methan trägt genauso stark zur globalen Erwärmung bei wie 21 CO2-Moleküle. Klimakiller Termite? Ja und nein. Zwar stammen vermutlich etwa drei Prozent des Gesamtmethans jährlich, rund 20 Millionen Tonnen, aus den Därmen der unzähligen Termiten weltweit. Sie produzieren aber bei der Holzzersetzung vergleichsweise viel weniger Methan als Kühe.
Forscher suchen deshalb nach Möglichkeiten die Darmflora von Termiten in die Mägen der Rinder und anderer Wiederkäuer zu importieren, um den Ausstoß an Treibhausgasen weltweit zu reduzieren.
Eine ganz andere, revolutionäre Idee haben dagegen Wissenschaftler des US Energieministeriums und verschiedener Biotechnologie-Unternehmen wie Diversa. Sie arbeiten gemeinsam mit Hochdruck daran, das Genom der Bakterien aus dem Termitendarm zu entschlüsseln.
Im Labor in Massen gezüchtet – so die Vision der Wissenschaftler und Manager – werden die Bakterien vielleicht irgendwann einmal Holz und andere pflanzliche Überreste zersetzen und dabei große Mengen an Wasserstoff produzieren. Dieser soll dann als umweltfreundlicher Treibstoff für Brennstoffzellen in Null-Emissions-Autos zum Einsatz kommen…
Stand: 17.03.2006