Dass Termiten im Rahmen der Verdauung größere Mengen an Treibhausgasen produzieren und anschließend in Form von klimaschädlichem Methan und CO2 in die Luft pusten, ist schön länger bekannt. Doch sie könnten auch für ein anderes Phänomen mitverantwortlich sein, das Mensch und Umwelt bedroht…
Umweltgift im Kleiderschrank
Nicht nur Motten können Naphtalin nicht leiden, auch für den Menschen ist der Geruch dieser Substanz, die früher eingeschlossen in den berüchtigten Mottenkugeln in Kleiderschränken zum Einsatz kam, ein Ärgernis. In größeren Mengen kann Naphtalin nach Angaben von Experten sogar krebserregend sein und gilt deshalb auch als Umweltgift.
Bei uns stammt das Naphtalin – egal ob in der Luft oder im Boden – in erster Linie aus Verbrennungsprozessen. Vor allem die starke Nutzung von fossilen Energiereserven wie Öl, Kohle oder Gas hat in den letzten hundert Jahren zu einem starken Anstieg der polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAK) zu denen auch das Naphtalin gehört, geführt.
Noch viel höher als in Mitteleuropa liegen jedoch die Naphtalinwerte in den Böden vieler tropischer Regionen Thailands, Brasiliens oder Ghanas. Dies stellten Ende der 1990er Jahre Wissenschaftler der Universität Bayreuth um Wolfgang Wilcke und Wulf Amelung fest. Wie konnte das sein? Der Boom der Industrie hatte hier doch viel später eingesetzt als in Europa. Die Forscher standen vor einem Rätsel.
Konnte es sein, dass natürliche Quellen für das Umweltgift verantwortliche waren, die man bisher noch nicht kannte? Eine im Magazin „Nature“ veröffentlichte Studie brachte die Wissenschaftler schließlich auf die richtige Spur. US-amerikanische Forscher hatten in den Nestern von Termiten ungewöhnlich viel Naphtalin gefunden, das offenbar bei der Verständigung zwischen den Tieren oder bei der Verteidigung als chemisches Signal zum Einsatz kam.
Waren es demnach Termiten, die die flüchtigen PAK’s in die Umwelt pusteten, die sich dann später im Boden ansammelten? Wilcke und Amelung analysierten Proben aus Nestern der Termitengattung Nasutitermes vom brasilianischen Amazonasfestland und fanden dort erstaunlich hohe Naphtalingehalte. Sie konnten ausschließen, dass die Substanz aus dem Futter stammte. Folglich mussten andere bislang noch unbekannte Quellen verantwortlich sein oder aber die Tiere selbst waren die Produzenten.
Termiten: So viel Naphtalin wie Großbritannien?
Erste, noch ungenaue Hochrechnungen ergaben, dass allein die Nasutitermes im Amazonasbecken etwa genauso viel Naphtalin emittieren könnten wie beispielsweise ganz Großbritannien. Auch in den Nestern von anderen Termitengattungen ermittelten die Bayreuther Forscher hohe Naphtalinmengen, die ihren Ursprung aber in diesen Fällen vor allem in der Holznahrung hatten.
„Zusammenfassend können also riesige, bislang unbekannte Naphtalin-Quellen in der tropischen Umwelt vermutet werden. Dies hat für das Verständnis der globalen Dynamik organischer Schadstoffe große Bedeutung, weil vermutet wird, dass in den Tropen freigesetzte flüchtige Organika global verteilt werden können, also auch zu uns oder gar bis in die Polargebiete gelangen“, so Wilcke im Jahr 2001 in SPEKTRUM, dem Forschungsmagazin der Universität Bayreuth.
In einem neuen Forschungsprojekt versuchen die Wissenschaftler seitdem die genauen Quellen des Naphtalins im tropischen Regenwald zu enträtseln und die Menge dieser Emissionen präzise zu bestimmen.
Stand: 17.03.2006