Das Leben der Vögel

Fingerübung für das „Tierleben“

Brehms besonderes Interesse hatte in Afrika wie auch in Spanien den Vögeln gegolten, war er doch von seinem Vater bereits als Kind an die Ornithologie herangeführt worden. Während er in Kairo über ein Jahr lang auf den unzuverlässigen Baron von Müller warten musste, vertrieb er sich die Zeit damit, den Manzala-See und das Nildelta zu erforschen, wo die Zugvögel zu Hunderttausenden auf ihrem Weg nach Süden halt machen.

Brehms Kritik an der Wissenschaft

Graufischer, „Brehms Tierleben“ © Classicnatureprints

Ergebnis dieser Beobachtungen wird der erste ornithologische Fachaufsatz Brehms, der dem jungen Forscher unter Experten zu Anerkennung verhilft. Doch Brehm ist der Stil wissenschaftlicher Veröffentlichungen zu einseitig. Vielmehr nimmt er sich vor, mit der damals üblichen rein morphologischen Beschreibung in der Zoologie zu brechen und größeren Augenmerk auf das von ihm beobachtete Verhalten der Tiere zu legen. Denn im Gegensatz zu vielen Biologen seiner Zeit ist für ihn die Feldforschung die ergiebigste Quelle neuen Wissens. Obwohl auch Brehm das Jagen und Sammeln von Tieren als völlig normalen Teil der wissenschaftlichen Arbeit ansieht, spielt für ihn das lebendige Geschöpf in seiner natürlichen Umgebung eine mindestens ebenso wichtige Rolle.

Zudem möchte er seine Erkenntnisse auch Laien zugänglich machen. In der „Gartenlaube“, einer populären Familienzeitschrift, findet Brehm ein geeignetes Blatt für seine Erzählungen und Abenteuergeschichten aus exotischen Ländern.

Reise nach Skandinavien

„Den Adler setzte die Dichtung an den Thron des Weltenbeherrschers und ließ ihn die Blitze halten, welche der Götterkönig herabschleudert auf das niedere Erdenvolk, weil sich der Adler selbst als mächtiger König und Herr wie ein Blitz herabstürzt auf seine Beute…An den Uhu, welcher die Nacht beherrscht wie jener den Tag, knüpfen sich von alters her die unheimlichen Sagen vom wilden Jäger und seiner schauerlichen Jagd; und wir…sehen in ihm wnigstens das Sinnbild eines argen Finsterlinges, denn wie ein solcher schleicht er in seinem warmen und weichen Federkleide unhörbar einher, …kommt lautlos an in der Stille, wenn die ihn bei Tage verhöhnenden Lichtvögel schlafen, und ergreift und erwürgt sie. Den Uhu hassen wir,… während es uns, wenn wir den ihn verwandten Kauz betrachten, begreiflich erscheint, dass die Griechen ihn als Sinnbild des ernsten Nachdenkens hinstellen und als Lieblingsvogel der weißen Göttin erklären konnten.“ © Brehmgedenkstätte

Aufgrund seiner Kenntnisse der mitteleuropäischen Vogelwelt und der Fülle seiner in Afrika und Spanien niedergeschriebenen Beobachtungen entsteht schließlich der Gedanke, eine zoologisch-kulturhistorische Gesamtdarstellung der Vögel zu schreiben. Um darin auch die nördliche Vogelfauna gebührend zu berücksichtigen, plant Brehm eine weitere Forschungsreise. Der Verleger der „Gartenlaube“ finanziert ihn, und so bricht Brehm im Jahre 1860 nach Skandinavien auf.

Die einjährige Reise führt ihn in die Berge Norwegens und nach Lappland, er lernt die Tundra kennen und reist über die Lofoten bis zum Nordkap. In den Fjorden und auf den der Schären-Küste vorgelagerten Felsen studiert er das Verhalten von Eiderenten, Möwen, Alken, Lummen und Lunden, mit denen er gleichzeitig die Vogelsammlung seines Vaters weiter vervollständigt.

Erstmals „populäre Wissenschaft“

Kreuzschnabel- und Hakengimpel, „Brehms Tierleben“ © Classicnatureprints

Im Jahr 1861 wird sein Buch „Das Leben der Vögel“ veröffentlicht. Lange vor der modernen Verhaltensforschung legt Brehm hier die Eigenarten der Vögel in Abhängigkeit von ihrem Lebensraum dar. Darüber hinaus widmet er ein ganzes Kapitel den kulturhistorischen Aspekten der Vögel und befasst sich mit ihrer poetischen, symbolischen und mythologischen Bedeutung. Diese Herangehensweise unterstreicht sein umfassendes Verständnis der Zoologie, stößt aber sowohl bei Wissenschaftlern seiner Zeit wie auch später noch auf Kritik.

Als „Das Leben der Vögel“ erscheint, ist der Vertrag über ein sechsbändiges Werk mit dem Titel „Illustriertes Thierleben“ bereits unterschrieben. Brehm möchte darin seinen bereits lange gehegten Plan in die Tat umsetzen und das Leben der Tiere in seiner Gesamtheit beschreiben – anschaulich, ohne überflüssigen wissenschaftlichen Ballast und für jedermann verständlich.

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Stand: 01.04.2005

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Alfred Edmund Brehm
Der Vater des Tierlebens

Prägung am Blauen Nil
Fünf Jahre Afrika

Lebensziel: Schriftsteller
Die Berufung des Alfred Brehm

Das Leben der Vögel
Fingerübung für das „Tierleben“

Der streitsame Herr Zoodirektor
Brehms Gastspiele in Hamburg und Berlin

Brehms Tierleben
Geschichte eines zoologischen „Longsellers“

Im Galopp durch Sibirien
Über China zur Kara-See

Bauanleitung für kirgisische Jurten
Brehm als Ethnologe

Schicksalsschläge am Lebensende
Brehm, der Familienmensch

Der biedere Tiervater
Brehm aus heutiger Sicht

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