Die Zahl der Senioren in Deutschland und anderen Industrieländern wächst – und damit auch der Bedarf an altengerechten Produkten und Wohnungen. Immer mehr ältere Menschen wollen trotz Hilfsbedürftigkeit oder körperlicher Gebrechen und Krankheiten in ihren eigenen vier Wänden leben und lieber vor Ort betreut werden statt in einem Heim zu landen. Entsprechend sehen Experten hier auch eines der größten Nutzungspotenziale für das „Intelligente“ Wohnen.
Mögliche Anwendungen sind hier unter anderem eine medizinische Fernüberwachung mit Notruffunktion, die automatisierte Versorgung mit Medikamenten, Lebensmitteln oder die Koordination der Pflegedienste über das Internet. Sinnvoll ist auch eine zentrale Steuerung aller Haushaltsgeräte über ein einfaches, bedienerfreundliches Display.
„HealthCare“ rund um die Uhr
Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BIS) entwirft in seiner Studie darüber hinaus gehend noch weitere Anwendungen in einem als kurzfristig realisierbar geltenden Szenario: Wir befinden uns Schlafzimmer eines älteren Menschen. Auf dem Nachttisch, bequem in Armreichweite des möglicherweise Bettlägerigen, ist ein Touchscreen installiert, der durch Druck Licht, Heizung, andere Haushaltsgeräte steuert. Er ermöglicht jedoch auch den Zugang zum Internet oder zur Tele-Sprechstunde des Hausarztes. Der Bewohner kann, dank einer Freisprechanlage, dem Hauscomputer seine Wünsche auch einfach über gesprochene Befehle übermitteln.
Eine Kamera registriert die Bewegungsmuster des Bewohners und vergleicht sie mit dem im Computer als „typisch“ oder „normal“ eingespeicherten. Auch in der Toilettenspülung ist ein Aktivitätssensor eingebaut. Beides dient dem Zweck, Unregelmäßigkeiten zu erkennen: Stürzt der Bewohner und kann sich aufgrund einer Verletzung nicht mehr helfen oder hat er einen Schlaganfall erlitten, kann der Hauscomputer dies erkennen. Über das Internet oder Handy verständigt er Verwandte, den Hausarzt oder den Rettungsdienst.
Ein Armband, das der Bewohner immer bei sich trägt, erfasst gleichzeitig ständig Puls, Blutdruck, Atemfrequenz und andere wichtige medizinische Parameter und liefert damit – möglicherweise nicht nur im Notfall – Ärzten und Betreuern wichtige Informationen. Und auch der Bewohner selbst bekommt wertvolle Hilfen: An der Eingangstür sorgt ein „virtueller Erinnerungszettel“ dafür, dass er beim Verlassen der Wohnung an Schlüssel und Brille denkt. Er erinnert auch daran, welche Lebensmittel knapp werden oder wann der nächste Arzttermin fällig ist.
Pilotprojekte für Senioren boomen
Noch ist dieses Szenario in seiner Gesamtheit Zukunftsmusik, doch erste Teilbereiche sind bereits in Pilotprojekten umgesetzt. Im niedersächsischen Gifhorn ist seit 2001 ein solches von der TU Braunschweig und der Home Automaton GmbH entwickeltes System in einer Seniorenwohnanlage installiert. Neben Energie- und Klimaregelung, sowie Terminals mit einfacher Bedienbarkeit wurde hier besonders Wert auf die Wohnsicherheit gelegt: Über Sensoren erkennt der Hauscomputer, ob der Herd eingeschaltet ist oder ein Fenster offen steht und warnt den Bewohner beim Verlassen der Wohnung. Alle Alarmsignale, aber auch die Haustürklingel oder das Telefon können zudem für Schwerhörige entweder besonders laut oder aber auf optische Signale umgestellt werden.
Bereits seit 1991 läuft der „Haus-Tele-Dienst“ für ältere und behinderte Menschen in einer Siedlung in Frankfurt am Main. Über Videophone sind die Wohnungen mit einer Dienstleistungszentrale verbunden, die neben der persönlichen Ansprache und Beratungen auch Krankenfernbetreuung durch Ärzte, Rehabilitationsmaßnahmen wie beispielsweise Gedächtnistrainings anbietet und Aufträge annimmt. Eine über dem Bildschirm montierte, vom Bewohner jederzeit abdeckbare Kamera erlaubt den Betreuern dabei den visuellen Kontakt mit dem Bewohner.
Insbesondere in Nordrhein-Westfalen sind in den nächsten Jahren im Rahmen der „Initiative SmarterWohnenNRW“ noch bis zu 1.000 Pilotprojekte geplant, ein Großteil von ihnen im Bereich des betreuten Wohnens für Senioren oder Behinderte. Und auch andere Bundesländer ziehen nach. Angesichts der Tatsache, dass bis 2050 rund 37 Prozent der deutschen Bevölkerung 60 Jahre alt und darüber sein wird, eine möglicherweise durchaus sinnvolle Investition…
Stand: 11.02.2005