Evolution

Älter als die Dinosaurier?

Kennzeichen für lebende Fossilien

Pfeilschwanzkrebs © John White

Pfeilschwanzkrebse, Schnabeltiere, Quastenflosser, Riesensalamander oder Brückenechse – alle diese so unterschiedlichen Tiere haben eines gemeinsam: In Wissenschaftlerkreisen gelten sie als lebende Fossilien. Nahezu in jeder Tier- oder Pflanzengruppe haben die Forscher mittlerweile einige dieser Relikte aus der Vergangenheit der Erde entdeckt. Aber was macht lebende Fossilien aus? Warum haben sie zum Teil hunderte von Millionen Jahren überlebt?

Auf solche Fragen haben Wissenschaftler bisher noch nicht immer eine passende Antwort parat. Das beginnt schon mit dem Begriff „lebende Fossilien“. Denn obwohl viel über das Thema diskutiert wird, gibt es nach wie vor keine allgemein akzeptierte Definition für das Phänomen. Mittlerweile sind jedoch immerhin einige Kriterien festgelegt worden, die lebende Fossilien nach Meinung der meisten Forscher ausmachen.

So müssen lebende Fossilien und ihre Vorfahren auf eine mehrere zehn oder hundert Millionen Jahre dauernde Evolutionsgeschichte zurückblicken können. Lungenfische beispielsweise existieren bereits seit knapp 400 Millionen Jahren auf der Erde, bei Pfeilschwanzkrebsen sind mindestens 150 Millionen Jahre.

Wie ein Ei dem anderen

Ein anderes Kriterium für lebende Fossilien ist, dass sie sich in den wichtigsten Merkmalen ihres Bauplans nicht oder kaum von ihren Jahrmillionen alten Vorfahren unterscheiden. Ein Beispiel: Der heute lebende asiatische Riesensalamander der Gattung Andrias ist nicht nur in etwa genauso groß wie sein Urururur-Großvater – stattliche 1,5 Meter –, auch in Bezug auf seinen urtümlich wirkenden Knochenbau gleicht er seinen Vorgängern bis ins Detail.

Bevor man rezente Exemplare von „Oldtimern“ der Erdgeschichte entdeckt, sind deren Urahnen oft längst aus Fossilienfunden des Kreide-, Jura oder Devonzeitalters bekannt. So auch beim Riesensalamander. Das erste im Öhninger Steinbruch gefundene, mindestens 14 Millionen Jahre alte Skelett des Riesensalamanders hielt der Schweizer Naturforscher Johann Jakob Scheuchzer 1726 zunächst jedoch für das „Beingerüst eines in der Sündflut ertrunkenen Menschen“.

Erst dem berühmten Evolutionsforscher Georges Cuvier gelang es 1811 diesen Irrtum zu korrigieren und die Knochen als Reste eines Amphibiums zu entlarven – lange bevor der erste lebende Riesensalamander im Jahr 1829 nach Europa kam.

Auch wenn sich lebende Fossilien in den Jahrmillionen der Evolution vom Äußeren her in der Regel kaum verändert haben, bedeutet dies nicht, dass ihnen die Fähigkeit zur Anpassung an modifizierte Umweltbedingungen komplett fehlt.

Wie Wissenschaftler festgestellt haben, bevorzugt beispielsweise das vielleicht bekannteste lebende Fossil, der Quastenflosser, heute einen ganz anderen Lebensraum als früher. Während die Vorfahren vor 400 Millionen Jahren in den flachen Küstenmeeren jagten, leben die heute existierenden Fische in Höhlensystemen in vielen hundert Metern Tiefe.

Vom Kosmopoliten zum Einsiedler

Obwohl die weißen Stellen von der Landkarte der Erde in den letzten Jahrzehnten nahezu komplett verschwunden sind, werden noch immer neue lebende Fossilien auf unserem Planeten aufgespürt. So haben Biologen im australischen Regenwald, fernab jeglicher Zivilisation, beispielsweise 1994 die so genannte Wollemi Kiefer entdeckt, deren Vorfahren bereits vor mehr als 100 Millionen Jahren in großer Zahl die Erde bevölkerten.

Für die Wollemi Kiefer wie für viele andere Zeugen der Vorzeit gilt: Während sie früher weit verbreitet waren, trifft man sie heute nur noch in kleinen Resten in abgelegenen Regionen oder in bestimmten ökologischen Nischen an.

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Stand: 10.12.2004

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