Tschechien hat besonderes Interesse an der Schiffbarkeit der Elbe, denn für den EU-Neuling ist der Fluss die einzige Anbindung an die Weltmeere. Seit 1919 besitzt das Land einen eigenen Hochsee-Hafen, ein 30.000 Quadratmeter großes Grundstück im Hamburger Hafen und nur über die Elbe zu erreichen. Doch nach dem Konkurs der tschechischen Betreibergesellschaft in den 90er Jahren, liegt Tschechiens Hafen an der Nordsee brach. Eine zuverlässige Befahrbarkeit der Elbe könnte den eigenständigen Umschlag von Import- und Exportgütern wieder in Schwung bringen.
Noch zwei Staustufen mehr?
Grund genug für den östlichen Nachbarn, sich vehement für einen Ausbau der Elbe einzusetzen. Im eigenen Land streitet man seit einigen Jahren um zwei neue Elbe-Staustufen. Zwischen Usti nad Labem und Sachsen hat das tschechische Verkehrsministerium zwei weitere Wehre vorgesehen. Sie sollen, wie die 24 bereits vorhandenen Stauwerke, den Oberlauf der Elbe für die tschechischen Binnenschiffer befahrbar halten. Gegner im eigenen Land ist das tschechische Umweltministerium, das den Bau der Staustufen vehement ablehnt. Die Argumente gegen den Ausbau: Umweltschäden und Artenschwund, völlig unakzeptables Kosten-Nutzen-Verhältnis, verkehrstechnisch unsinnig.
Die tschechische Regierung bleibt indes zerstritten. Mitte November 2004 präsentierte das Verkehrsministerium eine juristische Analyse, die belegen soll, dass eine gesellschaftliche Notwendigkeit für das Projekt besteht. Weil das Umweltministerium noch immer dagegen ist, vertagte die Regierung die Beratungen über die Staustufen zunächst um einen Monat. Bis Weihnachten will sie ein unabhängiges Gutachten einholen.
Doch was nutzt ein schiffbarer Oberlauf, wenn die Elbe hinter der deutsch-tschechischen Grenze Niedrigwasser führt? Sachsens Haltung dazu ist klar, Staatsminister Flath brachte sie kürzlich auf den Punkt: „Die können in Sachsen-Anhalt und Tschechien fordern, was sie wollen – in Sachsen bleibt die Elbe, wie sie ist.“ Und einen Erfolg kann der Freistaat mit seiner Flusspolitik bereits verbuchen: Die Lachse sind wieder da.
Die Lachse sind zurück
Vor zehn Jahren startete die Fischereibehörde des Landes ein Wiederansiedelungsprogramm für den Atlantischen Lachs. „Nachdem sich der Zustand der Elbe gebessert hatte, wollten wir das der Bevölkerung auch zeigen. Der anspruchsvolle Lachs erwies sich da als guter Image-Träger“, so der Initiator und Projektleiter Gert Füllner vom Sächsischen Landwirtschaftsministerium.
1995 wurden erstmals 400.000 Eier erbrütet und als Jungfische im angestammten Laichgebiet in der Sächsischen Schweiz ausgesetzt. Tatsächlich kehrten 1998 die ersten Lachse aus dem Atlantik in die Elbe und ihre Nebenflüsse heim. Mittlerweile ist die Elbepopulation alleine reproduktionsfähig und so stabil, dass die Fischerei-Experten weitere Nebenflüsse der Elbe in Angriff nehmen. „Auch dieses Jahr haben die Lachse ihr Soll erfüllt, es werden wieder etwa 200 Tiere zurückkehren“, ist sich Gert Füllner sicher.
Ebenso gewiss ist für ihn, dass die Lachse bei einem Ausbau der Elbe Schaden nehmen würden. Die Einengung des Flusses zur Vertiefung der Fahrrinne für den Schiffsverkehr würde die Fließgeschwindigkeit erhöhen und die Lachse Kräfte kosten, die sie für ihre Reise flussaufwärts benötigen. Die Wiederansiedelung der Lachse in der Elbe funktionierte schneller als im Rhein. Laut Füllner ist auch das dem Umstand zu verdanken, dass die Elbe außer einem Wehr in Gheesthacht bis nach Sachsen hinein staustufenfrei ist.
Die tschechischen Fischerei-Kollegen blicken deshalb voller Neid nach Sachsen hinüber. Seit zwei Jahren beteiligen sie sich am Lachsprogramm, auch sie wollen die Fische wiederhaben. Denn ursprünglich sind die Elbelachse bis nach Böhmen hinaufgeschwommen. Doch die meisten Wehre im Oberlauf der Elbe sind für die Tiere ein unüberwindliches Hindernis. Selbst wenn man einige mit Fischtreppen ausstatten würde, die Rückkehr der Lachse ins Riesengebirge ist sicher illusorisch.
Stand: 03.12.2004