Ob an der frisch gebügelten Hose oder der neu gekauften Tischdecke: Falten sind nicht immer erwünscht. Dabei lässt sich mit solchen Knitterfalten am besten die Entstehung von Gebirgen erklären. Denn vom Prinzip her verhält sich die Erdkruste wie eine Tischdecke, die mit beiden Händen zusammen geschoben wird: Durch den seitlichen Druck türmt sich der Stoff in der Mitte auf und bildet ein Gemenge aus Falten und Mulden. Fertig ist das „Tischgebirge“.
Knautschzonen
Dass die Gebirge anscheinend nicht willkürlich auf der Erde angeordnet sind, war bereits Ende des 19. Jahrhunderts Alfred Wegener aufgefallen. Eine Erklärung für die regelhafte Verteilung und das unterschiedliche Alter der Gebirge fand er allerdings nicht. Erst in den 1960er Jahren kamen die Wissenschaftler der Gebirgsbildung auf die Spur. Sie fanden heraus, dass die Erdoberfläche nicht starr und unbeweglich ist, sondern dass sich die Kontinententalplatten wie riesige Eisschollen auf dem glutflüssigen Erdinneren bewegen. Stoßen diese Platten zusammen, so entstehen wie bei einem Autounfall riesige Falten- und Knautschzonen, unsere Gebirge. Neueste Satellitenmessungen haben unlängst bewiesen, dass sich rund zwanzig Prozent der Erdoberfläche auf diese Weise kontinuierlich verformen.
Der „Motor“ der Plattentektonik sind die Konvektionsströme im Erdmantel, bei denen bis zu 4.000°C heiße Materie unterhalb der mittelozeanischen Rücken nach oben steigt und dafür kälteres Gestein an anderer Stelle nach unten in das Erdinnere absinkt. Durch diese unterirdischen Strömungen werden die uns so unbeweglich erscheinenden Erdplatten mit einer Driftrate von mehreren Zentimetern pro Jahr einfach „mitgeschleppt“. Die Erdkruste, aufgeteilt in sieben große und mehrere kleine Platten, wird durch das aufsteigende Magma, die tektonischen Bewegungen und die Kollision der Erdplatten ständig neu gebildet, verformt oder umgewandelt.
Subduktion
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Besonders deutlich wird dies beim Aufeinandertreffen von ozeanischen und kontinentalen Erdplatten. Aufgrund ihrer wesentlich höheren Dichte taucht dabei die viel „schwerere“ ozeanische Kruste unter die leichteren Landmassen ab. In einer Tiefe von ungefähr 100 Kilometern löst sie sich dann bei Temperaturen zwischen 1.000 und 1.500 Grad Celsius teilweise in einen glutflüssigen Gesteinsbrei auf. Die an der Oberfläche verbleibende Erdplatte wird hingegen durch die enormen Reibungs- und Schubkräfte wie in einem Schraubstock gestaucht und gefaltet: mit der Zeit türmt sich ein riesiges Gebirge auf.
Seit 25 Millionen Jahren drückt sich beispielsweise die ozeanische Nasca-Platte unter den südamerikanischen Kontinent und hat so die Anden als eines der größten Gebirge der Welt aufgetürmt. Doch die genauen chemischen und physikalischen Prozesse einer solchen Subduktion sind bislang kaum erforscht. „In der aktuellen Diskussion der Hauptfaktoren, die die Prozesse in einer Subduktionszone steuern, gibt es zwei Favoriten: Temperatur und Fluide.“, so Charlotte Krawczyk vom GFZ Potsdam. Denn die versinkende ozeanische Platte führt reichlich Wasser mit in die Tiefe, das durch den steigenden Druck und steigende Temperaturen komplizierte petrophysikalische Reaktionen auslöst.
Derzeit versucht das deutsche Forscherteam rund um Krawczyk Licht ins Dunkel der Tiefe der Subduktion zu bringen. Man weiß allerdings schon, dass schätzungsweise zweihundert Kilometer ozeanische Kruste in den vergangenen Jahrmillionen an der Schweißnaht beider Platten vernichtet wurden. Die Anden entstanden praktisch als Nebenprodukt dieses Plattenrecyclings. Denn ein Teil des aufgeschmolzenen Krustenmaterials bahnt sich durch Schwächezonen einen Weg zurück an die Erdoberfläche und entlädt sich in gewaltigen vulkanischen Eruptionen. So sind denn auch die Anden mit Vulkanen geradezu übersät. Auch der höchste aktive Vulkan der Welt, der Ojos del Salado, liegt mit 6.893 Metern in den Anden und ist zugleich einer der höchsten Gipfel Südamerikas.
Stand: 26.11.2004