Gesteine können ganz schön „launisch“ sein: Denn je nach Zusammensetzung, Lagerungstiefe und Temperatur reagieren sie auf tektonischen Druck äußerst unterschiedlich. An der Erdoberfläche brechen sie an Klüften, Störungen oder Verwerfungen. Im Untergrund hingegen verhalten sich die gleichen Gesteine unter wesentlich höherem Druck geradezu plastisch. Sie verformen und verbiegen sich, ohne jedoch zu brechen.
Tatort Steinbruch: Hier lässt sich besonders gut unter die Haut eines Berges schauen und im Idealfall bieten sich gleich mehrere Millionen Jahre Erdgeschichte auf einen Blick. Beeindruckend ist es schon, Gesteinsbänder wie eine Gummihaut verbogen zu sehen. Manche Falten sind so groß, dass sich nur aus der Entfernung eine Struktur erkennen lässt, manche hingegen beschränken sich auf wenige Zentimeter Durchmesser.
Plastische Sättel
Forscher aus aller Welt haben lange Zeit über ein Phänomen gegrübelt, das alle Regeln der Gesteinsbildung auf den Kopf zu stellen schien: Immer wieder trafen Geologen auf Schichten, in denen offensichtlich die jüngsten Gesteine ganz unten und die älteren Gesteine an der Erdoberfläche lagen. Eine der Grundregeln der Sedimentation lautet aber, dass die jüngsten Ablagerungen immer oben liegen. Was also war passiert?
Heute weiß man, dass Gebirgsfalten sich nicht nur nach unten oder oben wölben, sondern bei großem seitlichen Druck auch „Überkippen“ können. Dabei senkt sich der Scheitelpunkt der Falte, der Sattel, nach links oder rechts und kommt im Extremfall sogar ganz auf einer Seite zu liegen. Entsprechend ist die Abfolge der Gesteinsschichten scheinbar umgedreht, da die älteren nun über den jüngeren Gesteinen liegen.
Störende Klüfte
Weitaus weniger plastisch verhalten sich die bereits erwähnten Metamorphite. Sie zerbrechen unter Druck an ihrer schwächsten und zumeist dünnsten Stelle. Besonders empfindlich reagieren dabei Bereiche mit eingeschlossenen Fossilien, Bruchstücke aus anderen Gesteinsmaterialien oder winzigen Haarrisse. Diese so genannten Klüfte sind in fast jedem Gestein vorhanden.
Diese Sollbruchstellen im Gestein sind äußerst anfällig gegenüber tektonischen Zerrbewegungen. Sie bilden sogar den Ausgangspunkt für die Entstehung von den wesentlich größeren Störungen und Verwerfungen. Die Gesteinspakete können sich an den Bruchflächen sowohl vertikal als auch horizontal gegeneinander verschieben.
Klaffende Störung
Das Tote Meer ist durch solch eine Scherbewegung zwischen der Arabischen Platte im Osten und der Afrikanischen Platte im Westen entstanden. Entlang der tektonischen Störungszone schrammen beide Platten horizontal aneinander vorbei. Während der letzten 20 Millionen Jahre kam es so zu einem relativen Versatz von etwa 105 Kilometer.
Forscher des Geoforschungszentrums Potsdam stellten bereits im vergangenen Jahr fest, dass sich der Bereich der stärksten Deformationen auf eine relative schmale, nur etwa 20 Kilometer breite Zone beschränkt. Außerhalb dieses Bereichs rechts und links des Grabens bleiben die Gesteine von den Verformungen nahezu unbeeinflusst. Ähnliche Scherbewegungen finden auch beim San Andreas Graben in Kalifornien statt.
Stand: 26.11.2004