Das Alter von Holz anhand der Jahrringe zu bestimmen, ist selbst bei bestem Erhaltungszustand nicht immer möglich, denn nicht alle Hölzer bilden überhaupt Baumringe aus. Doch warum eignen sich Akazien oder Wüstenbüsche nicht zur Datierung. Warum entstehen überhaupt Jahrringe, warum keine Monatsringe? Wieso werden die Baumringe bei Regen breit und bei Trockenheit schmal, und was genau ist eigentlich Holz?
Wie die meisten Pflanzen wachsen Bäume nicht nur in die Länge, sondern, um genügend Stabilität zu haben, auch in die Breite. Je länger ein Baumstamm wird, desto dicker muss er sein, damit er unter seiner eigenen Last nicht zusammenbricht. Wenn der Baum in die Breite wächst, entsteht Holz. In bestimmte Zellen wird dabei so genanntes Lignin eingebaut, ein pflanzliche Härte- und Konservierungsmittel. Das Lignin verhindert, dass die Zellen aus Zellulose unter dem hohen Druck zerbersten.
Die speziellen Holzzellen im Baumstamm werden von einer Schicht gebildet, die zwischen der Baumrinde und dem Holz sitzt. Diese Schicht, das Kambium, ist eigentlich eine „Wasserleitung“, die den Transport von gelösten Nährstoffen in die Höhe ermöglicht. Gleichzeitig produziert das Kambium aber auch neue Zellen. Durch die Teilung der Kambiumzellen entstehen Holzzellen an der Innenseite des Kambiums und Bastzellen für die Rinde an der Außenseite. Durch die ständig wachsende Anzahl von Zellen rund um den Baum herum, vergrößert sich der Umfang des Stammes allmählich.
Bei guter Wasser- und Nährstofflage produziert das Kambium viele Holzzellen, der Baum wächst schnell, schlechte Versorgung führt dagegen zu geringem Wachstum. In den gemäßigten Klimazonen verfügen die Bäume darüber hinaus über eine durch das Tageslicht gesteuerte innere Uhr, die die Entwicklung eines Baumes über das gesamte Jahr regelt. Sie bestimmt den Zeitpunkt der Baumblüte oder das Abwerfen der Blätter im Herbst und sie führt zu differenziertem Holzwachstum während der Jahreszeiten. Alle Bäume unserer Breiten wachsen im Frühjahr am schnellsten, bis zum Spätsommer hin immer langsamer, und über den Winter stellen sie ihr Wachstum völlig ein. Dadurch entstehen die typischen Jahresringe. Das helle, schnell gewachsene Frühholz ist großporig und deshalb sehr weich, das dunkle, langsam gewachsene Spätholz der Jahresringe ist, weil es kleinporiger ist, sehr fest. Da, wo das dunkle Spätholz eines Jahres und das helle Frühholz des darauf folgenden Jahres aneinander stoßen, lässt sich eine Jahresringgrenze so leicht erkennen.
Demgegenüber wachsen die meisten Bäume oder Sträucher außerhalb der gemäßigten Breiten das gesamte Jahr über völlig gleichmäßig. Bei Kälte- oder Trockenperioden hören sie auf zu wachsen, weil das Kambium seine Holzproduktion einstellt. Regnet es oder wird es wärmer, wachsen die Bäume wieder weiter. Tropische Baumstämme oder Sträucher in der Sahara weisen deshalb zwar erkennbare Zuwachsmuster im Holz auf, für die Dendrochronologie sind sie aber völlig ungeeignet, weil diese Baumringe keine Jahresringe, sondern meist „Regenringe“ sind.
Akazien in der afrikanischen Savanne erleben beispielsweise jedes Jahr zwei Regenzeiten und täuschen mit ihren zwei Baumringen pro Jahr stets das doppelte Alter vor. Doch auch nicht alle einheimischen Baumarten eignen sich gleich gut zum Abzählen der Jahresringe. Nadelhölzer wie Kiefer oder Fichte geben ihr Alter meist gerne preis, weil sich Früh- und Spätholz in der Farbe sehr deutlich unterscheiden. Bei der Linde dagegen sind die Baumringe kaum zu unterscheiden, was eine klare Abgrenzung verschiedener Jahresringe erschwert.
Stand: 05.11.2004