Manche Wissenschaftler gehen für ihre Forschung sogar in die Hölle – so auch Tullis Onstott, Geologe der Princeton Universität. Onstotts Hölle liegt in Südafrika, in einer der tiefsten Goldminen der Welt. Hier stapft der Forscher 1996 zum ersten Mal durch die engen, dunklen Gänge, umgeben von dampfendem, kochendheißem Gestein und einer Luftfeuchtigkeit von 100 Prozent. Er ist auf der Suche nach Beweisen für eine Wasserstoff „atmende“ Lebenswelt.
Mit seinem Geologenhammer sammelt er Proben aus dem frisch freigelegten Gestein bis in 3,2 Kilometer Tiefe. Seit mehr als drei Milliarden Jahren sind diese Brocken, meilenweit von Licht und Sauerstoff entfernt, im Untergrund begraben.
Einige darben….
Wie erhofft findet Onstott verschiedenste Mikroorganismen, darunter einige als „hyperthermophil“ – besonders hitzeresistent – bekannte Archaea-Arten. Seltsam nur, das ihre Häufigkeit mit steigender Tiefe drastisch und ohne ersichtlichen Grund abnimmt. Die Temperaturen sind noch verhältnismäßig mild, Wasser gibt es im Überfluss und auch an „Treibstoff“ für das Leben in Form von Wasserstoff mangelt es nicht. Im Gegenteil: Die Wasserstoffkonzentrationen erreichen sogar das millionenfache dessen, was für unterirdische Wasseradern normalerweise üblich ist. „Es scheint hier sogar weitaus mehr Energie zu geben, als die Organismen verbrauchen können“, erklärt Onstott.
Warum also strotzt das Gestein nicht vor Leben? Ursache ist das fehlende Oxidationsmittel: An der Erdoberfläche sorgt der Sauerstoff dafür, dass energiereiche organische Verbindungen chemisch verbrannt und damit zur Energiegewinnung genutzt werden können. In der Tiefe der Goldmine gibt es zwar jede Menge Treibstoff, aber nichts, mit dem dieser oxidiert werden könnte. Das Minenwasser ist nicht nur frei von Sauerstoff, sondern offenbar auch von anderen Oxidationsmitteln.
…andere schlemmen
Verhaltnismäßig reichhaltig gedeckt erscheint dagegen der Tisch für die Mikroben in einigen Sedimenten des Meeresbodens, wie Wissenschaftler im Rahmen des Ocean Drilling Programme (ODP) feststellten. In dem methan- und sulfatreichen Untergrund vor der Küste Perus können Bakterien sogar gleich zwischen mehreren Stoffwechselwegen wählen: Einige reduzieren Sulfat, andere produzieren aus Wasserstoff und Kohlendioxid Methan, wieder andere gewinnnen ihre Energie aus der Umsetzung von Wasserstoff mit anorganischen Kohlenstoffverbindungen zu Essigsäure. Auch Eisen- und Manganverbindungen werden reduziert und „ausgebeutet“.
Ähnliche Nahrungsgewohnheiten scheinen auch granitlebende Mikroben im schwedischen Aspö zu haben: In Gesteinsproben aus bis zu 500 Metern Tiefe fanden Karsten Pedersen und seine Kollegen von der Universität von Göteborg Hinweise auf Methan- und Säureproduzierende Bakterien. In ihnen sehen sie sogar die Basis einer eigenen unterirdischen Nahrungskette – gewissermaßen einer Parallelwelt auf Wasserstoffbasis.
Stand: 16.01.2004