Roter Staub, ausgetrocknete Schluchten und Kanäle, Eis aus Kohlendioxid statt Wasser – ist der Mars ein Wüstenplanet? Auf den ersten Blick scheint es so. Das kalte Klima und die dünne Atmosphäre machen heute die Existenz von flüssigem Wasser an der Oberfläche des Roten Planeten unmöglich.
Doch inzwischen hat sich dieses Bild dramatisch gewandelt, unter anderem durch die jüngsten Aufnahmen und Untersuchungen der Marssonden Global Surveyor und Pathfinder: Sowohl in den Eiskappen der Pole als auch in Spuren in der Atmosphäre findet sich Wasser – wenn auch nicht in flüssiger Form.
Und auch die Marslandschaft enthüllt bei näherer Untersuchung Überraschendes: Gewaltige Ausflusssenken, Netzwerke aus ausgetrockneten Flussbetten und Spuren austretenden Wasser an Kraterrändern zeugen von einer wasserreichen Vergangenheit des Mars. Und vielleicht, so hoffen jedenfalls die Marsforscher, sogar von einer noch immer wasserhaltigen Gegenwart. Ob das tatsächlich der Fall ist, sollen die jetzigen Marsmissionen zeigen.
Katastrophale Sturzfluten
Auf dem Mars finden sich nicht nur die höchsten Vulkane und die tiefsten Schluchten des Sonnensystems, er trägt auch die Spuren von katastrophalen Sturzfluten und Überschwemmungen: Gewaltige Flussbetten haben sich vor rund 3,5 Milliarden Jahren, in der Frühzeit des Planeten, in die Marsoberfläche eingegraben. Besonders groß und sichtbar sind sie in der Region Chryse Acidalia, am Ostrand des Hellas Basin und in den Elysium- und Amazonis-Ebenen. Sie sind an ihrem Ursprung bereits mehrere zehn Kilometer breit und wachsen flussabwärts auf hunderte von Kilometern an.
Berechnungen haben ergeben, dass jedes von ihnen früher zehntausend Mal mehr Wasser führte als alle großen Flüsse der Erde zusammen. Die Wucht des Wassers muss zu Spitzenzeiten die größten bekannten irdischen Flutkatastrophen um das mehr als Hundertfache übertroffen haben.
Doch was verursachte diese gewaltigen Wasserfluten? Woher kamen sie? Aufnahmen der Marssonden zeigen, dass viele dieser Ausflussbetten in Gebieten mit „chaotischem“ Terrain beginnen, Gegenden, in denen überall herumliegende große Felsblöcke und kreuz- und quer verlaufende Erdspalten von dramatischen Veränderungen und Gesteinsbewegungen zeugen.
Auf der Erde finden sich ähnliche Gebiete unter anderem in Sibirien. Hier entstehen immer wieder Sturzfluten, wenn das die Hohlräume der oberen Bodenschichten ausfüllende Eis plötzlich schmilzt und dadurch der Untergrund nachgibt und in sich zusammenbricht. Ähnliches könnte sich auch auf dem Mars ereignet haben. Als Ursachen für die plötzliche Erwärmung kommen sowohl ein Klimawandel, als auch Vulkanausbrüche oder „Hitzewallungen“ im Planeteninneren in Frage.
Vernetzte Flussläufe
Aus der Ferne gleichen sie den verzweigten Systemen des Amazonas oder des Kongo – doch in den Flussnetzen des Mars fließt schon lange kein Wasser mehr. Sie entstanden schon vor rund 3,8 Milliarden Jahren, zu einer Zeit, als der Mars noch wärmer und feuchter war als heute. „Flüssiges Wasser muss lange Zeit auf der Oberfläche präsent gewesen sein um sie zu formen, daher müssen Temperatur und Druck damals höher gewesen sein als heute“, erklärt Francois Costard, Geologe am französischen Labor für Planetenforschung in Orsay.
Vermutlich wurden die Flussnetze durch Regenwasser oder austretendes Grundwasser gespeist. Letzteres gilt als wahrscheinlicher, seitdem die Mars-Sonde Global Surveyor neue, genauere Aufnahmen der Flussysteme lieferte. Sie zeigten deutlich, dass die marsianischen Netze im Gegensatz zur irdischen Variante, an ihrem Anfang und Ende fast immer annähernd gleich breit und verzweigt sind. Dies und die Tatsache, dass es im Oberlauf nur wenig Zuflüsse gibt, spricht eher für unterirdische Reservoire als Wasserquelle.
Stand: 20.12.2003