Was haben ein weißer Schimmel, eine tote Leiche und die Wüste Gobi gemein? Nichts würde man auf den ersten Blick vermuten. Doch längst nicht nur Sprachwissenschaftler werden schnell auf die Lösung des Rätsels kommen und die drei Wortkombinationen als Tautologien „outen“. Was für den Schimmel und die Leiche vollkommen logisch erscheint, erschließt sich bei der Wüste Gobi erst durch einen Blick in den Sprachführer mongolisch. Das Wort Gobi bedeutet nichts anderes als „Wüste“.
Auch wenn es demnach unsinnig erscheint von der Wüste Gobi zu sprechen, so hat das im übertragenen Sinne durchaus seine Berechtigung, denn die Gobi ist mit Sicherheit eine „wüste“ Wüste. Temperaturschwankungen von rund 80° C und mehr im Jahresverlauf, dürftige Regenmaxima von 100 bis 200 Millimetern in zwölf Monaten oder zahlreiche Sandstürme und -orkane machen sie zu einem der unwirtlichsten und lebensfeindlichsten Orte auf unserem Planeten. Die 260 Sonnentage im Jahr dagegen lassen selbst Urlauberparadiese wie Mallorca oder die griechischen Inseln vor Neid erblassen.
„Schuld“ an der großen Trockenheit in der Gobi ist die Lage der Wüste. Sie befindet sich inmitten des asiatischen Kontinents in einem riesigen Becken, das durchschnittlich rund 1.000 Meter über dem Meeresspiegel liegt. Eingekeilt ist dieses Becken von Höhenzügen wie Altai, Tian Shan oder Nan Shan, deren Berge zum Teil mehr als 7.000 Meter in den Himmel ragen.
Feuchte Luftmassen, die vom Pazifik oder dem Golf von Bengalen aus über den asiatischen Kontinent getrieben werden, regnen sich dort ab. Für Natur und Mensch im Inneren des Beckens bleibt dadurch oft nicht einmal das lebensnotwendigste an Niederschlägen übrig. Zwar fällt im Winter in einigen Regionen der Gobi sogar Schnee. Doch die große Trockenheit sorgt dafür, dass der dünne weiße Teppich bei Tautemperaturen nicht schmilzt, sondern direkt vom gefrorenen in den gasförmigen Zustand übergeht.
Die Dimensionen der Wüste Gobi sind gigantisch. Rund 2.000 Kilometer lang und bis zu 1.000 Kilometer breit ist die Wüste und erstreckt sich dabei von Ulan Bator im Norden bis zum Kunlun Shan-Gebirge im Süden, von den Ausläufern des Tien Shan im Westen bis zur Mandschurei im Osten. Sie gilt damit nach der Sahara als zweitgrößte Wüste der Erde.
Wer in der knapp 1,5 Millionen Quadratkilometer großen Gobi ausschließlich Dünen und Sand erwartet, wird jedoch enttäuscht. Zwar gibt es Regionen wie die Badain Jaran Shamo nordwestlich der Millionenstadt Lanzhou, wo tatsächlich Sandwüste dominiert, doch sind diese eher die Ausnahme als die Regel. Stein- und Geröllwüsten, Sümpfe und Salzseeen und vor allem gigantische Grassteppengebiete geben der Gobi ein unverwechselbares Aussehen.
Die wie von einem Zufallsgenerator verteilt wirkenden seltenen Regengüsse lassen immer wieder bestimmte Abschnitte der Steppengebiete für kurze Zeit zu saftigen Wiesen aufblühen. Sie sind das Ziel der fast überall in der Gobi anzutreffenden Nomaden. Mit ihren schnell abbaubaren runden Jurten, Zelten aus weißem Filz, und ihren Viehherden ziehen sie diesen grünen Paradiesen in der Wüste hinter.
Stand: 28.10.2003