Die Forschungen rund um den Mondkern spielen auch eine wichtig Rolle bei der alten Frage, wie unsere „Nachtleuchte“ überhaupt entstanden ist. Drei große Szenarien stehen vor allem zur Debatte: die Geburt aus der gleichen Urwolkenregion, der Einfang bei einer engen Passage oder die Abspaltung von der Erde, bewirkt durch einen mächtigen Einschlag.
Die sich mehrenden Hinweise auf einen sehr kleinen Kern scheinen letztere These weiter zu stützen. Computersimutationen zeigen, dass für einen lunaren Eisenkern nicht viel übrig blieb. Zur Zeit jener riesigen Katastrophe hatte sich der irdische Kern bereits gebildet. Das Einschlagsobjekt besaß ebenfalls einen Eisenkern, der aber während der Kollision größtenteils mit dem Kern der Erde verschmolz. Vor allem die „Fels“-Komponenten sowohl des Erdmantels als auch der Hülle des kosmischen „Schlagbolzens“ wurden teilweise ins All hinaus geschleudert und bildeten dort den Mond. Da nur sehr wenig Eisen in dieser „Lieferung“ enthalten war, konnte natürlich auch nur ein kümmerlicher Eisenkern das Ergebnis sein.
Die Theorie vom großen Einschlag, gewissermaßen dem „Big Bang“ des Mondes, wurde 1975 durch Veröffentlichungen der amerikanischen Wissenschaftler William K. Hartmann und Donald Davis vom Institut für Planetenforschung in Tucson, Arizona, sowie von Alfred G. W. Cameron und William Ward vom Harvard-Zentrum für Astrophysik, Cambridge, Massachusetts, auf jeweils unterschiedliche Weise, aber mit ähnlichem Ergebnis vorgeschlagen.
Knapp zehn Jahre später flammte die Popularität dieser ungewöhnlichen Gedanken durch eine Fachkonferenz auf Kailua-Kona nochmal kräftig auf. Alles sprach dafür, dass unsere Erde vor Jahrmilliarden tatsächlich mit einem Körper von etwa zehn Prozent ihrer gegenwärtigen Masse zusammenstieß, einem etwa marsgroßen Objekt also. Neue Simulationen von Cameron und seinem Kollegen Robin Canup zeigen, dass die Erde damals ein erst halb fertiger Planet war, der durch die Kollision deutlich an Masse gewann.
Bei dem gewaltigen Einschlag muss sich ein heißer Schuttring um die Erde gebildet haben, der sich offenbar sehr schnell verwandelte: Berechnungen deuten darauf hin, dass unser Mond in vielleicht weniger als zehn Jahren aus diesem Ring entstand. Diese schnelle Bildungsphase weist auf extrem hohe Temperaturen. Der aufgewühlte junge Himmelskörper dürfte komplett aufgeschmolzen und von einem Magmaozean umgeben gewesen sein.
Stand: 29.09.2003