Herannahende Hagelgewitter kündigen sich durch tiefziehende dunkel bis schwarz-gräuliche Wolken an, die im Innern eine unwirklich fahle, gelblichgrüne Färbung haben. Da Hagel ein häufiger Begleiter sommerlicher Starkgewitter ist, fallen die meisten „Eisschauer“ zwischen Mai und August.
Das Wort Hagel leitet sich aus dem altdeutschen „hag“ ab, was soviel bedeutet wie schlagen, verletzen oder beschädigen. Eine äußerst zutreffende Bezeichnung der Wirkung, denn Hagelschauer können für Mensch und Tier lebensgefährlich werden. Erst im März 2003 wurden 14 Menschen in Indien von den eisigen Wurfgeschossen erschlagen. Selbst den Flugverkehr legte der heftige Hagelschauer damals für kurze Zeit lahm. Die fast ein Kilogramm schweren Eiskörner hatten die Aluminiumhaut der Flugzeuge demoliert.
Strafe des Himmels?
Hagelgewitter galten früher als „Strafe des Himmels“ und „Boten der Gerechtigkeit Gottes“. Die Angstmacherei ist nicht ganz unbegründet: Kurze, aber heftige Hagelschauer können in wenigen Minuten ganze Ernten vernichten, Fensterglas zertrümmern und Beulenmuster in parkende Autos schlagen. Auch die mit Eiskugeln bedeckten, winterlich glatten Straßen verursachen immer wieder ein unüberschaubares Verkehrschaos, der Sachschaden ist meist immens.
Der Ursprung solcher Szenarien sind winzigkleine Regentropfen in einer Gewitterwolke. Stößt ein unterkühlter Wassertropfen auf eine Schneeflocke entsteht zunächst ein Graupelkorn. Graupelschauer fallen meist aus höheren Wolkenschichten und treten am häufigsten im April und und wenn dann meist im Gebirge auf. Die meteorologische Steigerungsform, des nur in bescheidenen Mengen nach einem Schnee- oder Hagelschauer fallenden Graupels ist der Hagel. Die Größe der Eiskugeln reicht dabei von wenigen Millimetern bis hin zu zehn Zentimetern, von Erbsen- über Golfball- bis hin zur Tennisballgröße. In Kasachstan krachten sogar die bisher schwersten Hagelkörner der Welt mit einem Gewicht von fast zwei Kilogramm vom Himmel. Doch wie kann so ein dickes Wurfgeschoss in den Wolken überhaupt entstehen?
Vom Körnchen zum Korn
Durch starke Turbulenzen von Auf- und Abwinden in einer Gewitterwolke wird der Regentropfen aus dem unteren Teil der Wolke bis in Höhen von mehr als 12.000 Metern geschleudert. Die dortigen Temperaturen von unter -40 Grad lassen den Regentropfen gefrieren. Durch die Schwerkraft seines Eigengewichts fällt der Eistropfen in den unteren Teil der Wolke zurückt. Während des Falls verbindet sich dieser mit anderen Hagelkörnern oder nimmt weitere Wassertropfen auf. Die Aufwinde erfassen den Eisklumpen erneut. Wie in einem Fahrstuhl wird dieser nun von den Winden immer wieder auf und ab transportiert. Schicht für Schicht wächst eine feste Eiskugel heran. Diese Anfrierprozedur lässt sich im Querschnitt eines Hagelkorns an den „Wachstumsringen“ gut erkennen.
Irgendwann jedoch werden die Körner zu schwer oder die Aufwinde werden schwächer und die Hagelkörner fallen zur Erde. Doch was unten am Boden ankommt ist nur ein kleiner Teil dessen, was die Gewitterwolke ursprünglich freigelassen hat. Denn der größte Teil der Eisklumpen schmilzt bereits auf dem Weg durch die warmen Luftmassen und erreicht den Erdboden nicht.
Stand: 26.08.2003