Die erneute Teilung Deutschlands steht bevor – diesmal allerdings nicht politisch, sondern vielmehr klimatisch. Bewahrheiten sich die Prognosen der Klimaforscher, könnte es in Zukunft in unserem Land nicht nur mehr Wetterkatastrophen, sondern auch zwei deutlich voneinander verschiedene Klimabereiche geben: Einem zunehmend feuchteren und milderen Westen stünde dann ein vor allem im Sommer eher trockener Osten gegenüber.
Erste Anzeichen für eine solche Entwicklung gibt es bereits heute. „Insgesamt prägen sich die einzelnen Klimazonen in Deutschland stärker aus“, erklärt Friedrich-Wilhelm Gerstengarbe vom Institut für Klimafolgenforschung in Potsdam (PIK). Ursache dafür ist neben den steigenden globalen Temperaturen eine bereits jetzt zu beobachtende Veränderung der so genannten Westwindzirkulation über dem Nordatlantik. Diese „Hauptlieferantin“ für die Europa überquerenden Tiefdruckgebiete hat sich in den letzten Jahren im Winter verstärkt. Sie transportiert nun immer häufiger regenreiche Tiefdruck-Luftmassen nach Mitteleuropa und vor allem in den Südwesten Deutschlands.
Der Osten dagegen geht dabei meist leer aus. Hier hat sich, nach Angaben Gerstengarbes, die Trockenzone inzwischen sogar eher noch nach Norden und Osten ausgedehnt. Für Brandenburg könnte das beispielsweise bedeuten, dass Dürreperioden wie in diesem Jahr zukünftig sogar zur Normalität werden könnten. Die landwirtschaftlichen Erträge würden dabei, so die Prognose der PIK-Forscher, um durchschnittlich zwei bis sechs Prozent sinken, das Waldbrandrisiko hingegen stark zunehmen.
Schon jetzt liegen die Niederschläge in Brandenburg um 20 Prozent unter dem deutschlandweiten Durchschnitt – Tendenz abnehmend. Dies belegen jüngste Ergebnisse einer Studie der vom brandenburgischen Umweltminister Wolfgang Birthler initiierten Arbeitsgruppe „Landschaftswasserhaushalt“. Sie stellte fest, dass in weiten Teilen des Landes mehr Wasser verdunstet als durch Grundwasser neu gebildet wird. Noch droht zwar keine Versteppung, wie für den Süden Europas prognostiziert, aber das Bundesland sei „auf lange Sicht potenziell aufgrund seiner Böden gefährdet“, wie Professor Gerd Schmitz vom Institut für Hydrologie und Meteorologie in Dresden in einem Interview des Fernsehsenders n-tv erklärte.
Doch nicht nur eine Teilung droht, auch insgesamt könnten sich bei einem Temperaturanstieg von rund 3°C die Klimazonen bis Ende des Jahrhunderts um 250 bis 300 Kilometer nach Norden verschieben, so jedenfalls prognostizieren es die Klimaforscher. Tritt dies ein, wird es im Sommer tendenziell heißer im Winter milder, Schnee gäbe es kaum noch, dafür um so häufiger Regen. In Hamburg könnte dann ein Klima herrschen wie heute in Freiburg, in Freiburg dagegen wie im heutigen Marseille – so beschreibt es der Klimaforscher Hans von Storch vom GKSS Forschungszentrum in Geesthacht in einem Spiegel-Interview. Sein Kollege Mojib Latif vom Kieler Institut für Meeresbiologie vergleicht unser Klima in 50 Jahren mit dem des heutigen Oklahoma im amerikanischen Mittelwesten.
Erste Indizien für eine solche Entwicklung zu einem „südlicheren“ Klima gibt es bereits: Bäume beginnen im Frühjahr durchschnittlich eine Woche früher mit der Blüte, Zugvögel entscheiden sich immer häufiger für das Hierbleiben und Tier- und Pflanzenarten, die eigentlich sehr viel weiter südlich beheimatet sind, werden in Deutschland gesichtet…
Stand: 21.08.2003