Phänomene

Vom Christkind einen Hammerhai

El Niño und die Folgen

Hammerhaie © C. Roessler

Endlich mal ein „dicker Fisch“: mit gleich zwei großen Hammerhaien macht der 58-jährige, peruanische Fischer Narciso Gomez im August 1997 vor der Küste Limas den Fang seines Lebens. Doch Gomez´ Anglerglück der für die kalten Gewässer des Humboldtstroms eher untypischen Raubfische ließ Meteorologen und Meeresbiologen Böses erahnen. Ist das Christkind wieder da?

Was sich mit dem Auftauchen großer Warmwasserfische, wie den Hammerhaien und Thunfischen andeutete, war tatsächlich der Beginn eines El Niños. Während eines solchen El Niño-Ereignisses zieht an der Küste Ecuadors, Perus und Chiles eine warme Oberflächenströmung südwärts. Die meist zur Weihnachtszeit eintretende Klimaanomalie wird aus dem Spanischen als „der Knabe“ oder verheißungsvoller als „das Christkind“ übersetzt.

Das Christkind bringt…

Etwa alle vier bis sieben Jahre werden als Folge einer großräumigen Druckumkehr im Südpazifik die Passatwinde und damit der Motor des Kaltwasseraufstiegs geschwächt oder bleiben ganz aus. Mit der Verstärkung des Äquatorialen Gegenstroms driftet der Humboldtstrom vor der südamerikanischen Küste bereits viel südlicher als gewöhnlich seewärts.

Die mit etwa 50 Metern Wassertiefe normalerweise seichte Temperaturgrenzschicht, die Thermokline, sinkt auf unter 100 Meter ab. Das nun aufsteigende Wasser ist warm und nährstoffarm, weil die unter der Thermokline gelegenen nährstoffreiche und kalte Wassermassen von der abgeschwächten Auftriebsdynamik nicht mehr erfasst werden.

Das Christkind nimmt…

Wird die Nahrungskette im Ozean durchbrochen, haben Fischer schlechte Chancen © Daniela Riechmann

Ist der Nährstoffnachschub erst einmal unterbrochen, bleibt die erste Stufe der Nahrungskette, die Algenblüte aus. Ohne diese Primärproduktion kann sich aber kein Zooplankton, eine Vielzahl aus kleinen, algenfressenden Tieren, entwickeln. Und ohne Zooplankton gibt es keine Fische. Die gesamte Nahrungskette bricht nach und nach zusammen. Fische, Seevögel und Meeressäuger verhungern oder wandern in nährstoffreichere Gebiete ab.

Hinzu kommen sintflutartige Regenfälle, die große Mengen an Sediment und Süßwasser ins Meer schwemmen. Ganze Muschelbänke ersticken schließlich unter den erdrückenden Schlickmassen. Die hohe Wassertrübung und ein abnehmender Salzgehalt vertreiben die küstennahe Fischpopulation zusätzlich.

Doch ohne Fische gibt es auch keine Fischerei und ohne Seevögel kein Guanoabbau. Während des verheerenden El Niños von 1982/83 starben über 80 Prozent der peruanischen Seevögel. Der volkswirtschaftliche Schaden ist enorm. Allein für die Fischmehlindustrie von Peru gehen Experten beim El Niño-Ereigniss von 1997/98 von 1,2 Milliarden US$ an Verlusten aus.

Das Christkind lässt zurück…

Nicht nur das Land, auch die Natur erholt sich von solchen verheerenden Naturkatastrophen nur langsam – oder nie. Als Folge des El Niños 1997/98 war die Population der nitratspeichernden Schwefelbakterien der Gattung Thioploca am Meeresgrund stark dezimiert.

So stieg der durch den bakteriellen Abbau im Sediment produzierte Schwefelwasserstoff ungehindert an die Wasseroberfläche. Noch im April 1999 war das Wasser im chilenischen Fischereihafen von Concepciòn in ein bizarres, milchiges Türkis getaucht. Eine Meereswüste, aus der auch der Fischer Gomez mit Sicherheit keine Hammerhaie mehr fischt.

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Stand: 14.07.2003

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Auftriebsgebiete der Ozeane
Alles Gute kommt von unten

Frischer Wind und kaltes Wasser
Was sind Auftriebsgebiete?

Der Blauwal unter den Bakterien
Zur Entdeckung von Thiomargarita namibiensis

Shuttle-Express am Meeresgrund
Das bewegte Leben von Thioploca und Beggiatoa

Achtung Eruptionsgefahr!
Wenn Hummer das Meer verlassen

Vom Christkind einen Hammerhai
El Niño und die Folgen

Glühende Wüste am eiskalten Meer
Wenn aus Nebel kein Regen wird

Erst en masse und dann passé
Pazifische Fischbestände folgen 50-jährigem Klimazyklus

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Das weiße Gold Perus

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