In Europa ist Alexander von Humboldt in der Zwischenzeit alles andere als vergessen worden. Bei seiner Ankunft 1804 wird er gefeiert wie ein Held. Bereits während der Reise hat er in Europa mehr als 20 Aufsätze über Südamerika veröffentlicht. Europas wissenschaftliche Elite in Paris ist beeindruckt von seinen Abhandlungen über die Chaimas Indianer in Venezuela, seine geologischen Untersuchungen, die Entdeckungen in der Botanik und seinen allgemeinen Reiseschilderungen Zwei Monate nach seiner Ankunft stellt Humboldt den ersten Teil seiner Sammlungen und Zeichnungen im „Jardin des Plantes“ aus. Die führenden Wissenschaftler Europas stehen Schlange. Humboldt wird mit offenen Armen im wissenschaftlichen Zentrum Europas aufgenommen und entscheidet sich, in Paris zu bleiben.
Die Hauptstadt der Wissenschaften
In der französischen Hauptstadt widmet sich Humboldt voll und ganz der Auswertung seiner Forschungsergebnisse aus Südamerika. Er hält Vorträge vor seinen wissenschaftlichen Kollegen, um seine Vermutungen mit ihnen besprechen zu können. Über eine seiner ersten Vorlesungen in Paris schreibt er seinem Bruder: „Der Ruhm ist größer denn je. Es ist eine Art von Enthusiasmus … Das Nationalinstitut ist vollgepfropft sooft ich lese.“
Humboldt freundet sich mit etlichen Naturwissenschaftlern an, und führt mit ihnen zusammen Versuche durch, die seine Messungen in Südamerika belegen sollen. Der Physiker und Chemiker Louis Joseph Gay-Lussac bestätigt mit einem Heißluftballon Humboldts Vermutung, dass die Intensität des Erdmagnetfelds mit der Höhe nicht abnimmt. Gemeinsam mit Gay-Lussac stellt Humboldt fest, dass die Sauerstoffmessungen mit seinem Eudiometer in Südamerika zu ungenau waren. Sie messen den Sauerstoffgehalt der Atmosphäre erneut mit einem Knallgas-Eudiometer und ermitteln 1805 den noch heute gültigen Wert von 21 Prozent Sauerstoff. Zu Humboldts engsten Freunden gehören auch der Astronom Francois Arago und der Professor für Astronomie und Mathematik Jean-Baptiste Biot, mit dem er gemeinsam am Erdmagnetismus forscht.
Ergebnisse werden veröffentlicht
Für die Auswertung der Daten von fünf Jahren Südamerika-Reise wird Humboldt nahezu 30 Jahre benötigen. Bereits 1805 erscheint der erste Band seines umfassenden Werkes „Voyage aux régions équinoxiales du Nouveau Continent“, dem bis 1834 noch 35 Bände folgen werden. Währenddessen veröffentlicht er seine Ergebnisse zusätzlich thematisch gegliedert. 1807 erscheinen die „Ideen zu einer Geographie der Pflanzen nebst einem Naturgemälde der Tropenländer“. Ein Jahr später gibt Humboldt die „Ansichten der Natur“ heraus, in dem er die sinnliche Erfahrung der Natur anhand großer Abbildungen ermöglicht, und mit der wissenschaftlichen Erkenntnis im Text verbindet. Das Zusammenspiel von Betrachtung und Erklärung macht es zu seinem „Lieblingsbuch“. Das ausführlichste Werk in deutscher Sprache verlegt er zwischen 1810 und 1813 in zwei Bänden über 450 Seiten: „Ansichten der Kordilleren und Monumente der eingeborenen Völker Amerikas“.
Humboldt ist noch kein halbes Jahr zurück in Europa, als er bereits im März 1805 von einer Reise nach Asien spricht. Er will als Gegenstück zu Südamerika eine Expedition nach Indien und in den Himalaja durchführen. Diesmal braucht er jedoch die finanzielle und organisatorische Unterstützung des Kolonialherren: England. Seine intensiven Bemühungen bleiben umsonst. Seine öffentlichen Stellungnahmen gegen den Kolonialismus und das Sklaventum versperren Humboldt den Weg nach Südasien.