Die Antarktis bei eisigen Temperaturen. Dicht gedrängt steht eine Horde Pinguine im Schnee und versucht sich gegenseitig zu wärmen. Äußerst gesellig geht es hier zu, wenn sich die Tiere zur Eiablage, Brut und Aufzucht der Jungen in riesigen Kolonien zusammenrotten, in denen sich bis zu fünf Millionen Tiere aufhalten. In der Regel sind es die Männchen, die sich zur Brutzeit sammeln und ein geeignetes Territorium auswählen. Dann versuchen sie, durch trompetenartiges Rufen ein Weibchen zu gewinnen. Oft ist es die Partnerin aus dem Vorjahr, die den Ruf erhört.
Bei den Kaiserpinguinen geht es besonders „emanzipiert“ zu. Hier verlässt das Weibchen nach der Eiablage die Kolonie und kehrt zurück aufs Meer. Das Männchen übernimmt das Brutgeschäft. Es balanciert das Ei auf seinen Füßen, bedeckt es mit einer Bauchfalte und trägt es so mit sich umher. Um sich vor den frostigen Winden zu schützen, wechseln die Tiere häufig ihre Plätze, so dass jeder einmal in den Genuss kommt, den wärmsten Platz im Inneren der Kolonie zu haben.
Brutzeit im Winter
Denn im Gegensatz zu allen anderen Arten brüten Kaiserpinguine im antarktischen Winter. Warum sie sich ausgerechnet die ungemütlichste Jahreszeit mit Temperaturen bis zu minus 60 Grad Celsius aussuchen, ist den Forschern noch ein Rätsel. Sie vermuten jedoch, dass die Jungtiere bessere Überlebenschancen haben, wenn die Temperaturen sechs Monate später, zum Zeitpunkt ihrer Unabhängigkeit, wärmer sind.
Während der zweimonatigen Brutzeit verlieren die „alleinerziehenden“ Väter gut ein Drittel ihres Körpergewichts, da sie in dieser Zeit keine Nahrung zu sich nehmen und allein von ihren Fettreserven leben.
Auch nach dem Schlüpfen bleiben die Jungen zunächst in der Bauchfalte. Zu diesem Zeitpunkt kehren die Weibchen mit circa drei Kilogramm vorverdautem Fisch zum Küken zurück. Verspäten sie sich, füttern die Väter das Küken zunächst mit einer milchigen Substanz, die sie in ihrer Speiseröhre produzieren. Während das Küken dann seine erste richtige Mahlzeit von der Mutter bekommt, kehrt der Vater für mehrere Wochen aufs Meer zurück, um seine Reserven aufzufüllen. Danach wechseln sich die Eltern mit der Fütterung ab.
Laut-Anpassung an Geräuschpegel
Doch wie finden sich die Partner im Gewühl der Kolonie wieder? Französische Wissenschaftler fanden 1999 heraus, dass die Pinguine ihre Rufe sehr effizient an die jeweils herrschenden Wetterbedingungen anpassen können. Bei starken Winden zum Beispiel erhöht der Pinguin sowohl die Anzahl seiner Rufe als auch die Silbenzahl pro Ruf, um sich vor dem Geräuschpegel besser absetzen zu können. Der Partner antwortet auf den Ruf und gibt so seine exakte Position bekannt.
Pinguine scheinen nicht nur den aufrechten Gang mit uns Menschen gemeinsam zu haben, sondern auch die eine oder andere gesellschaftliche Umgangsform. So stecken sie beispielsweise den Nachwuchs im Alter von sieben Wochen in eine Art „Kindergarten“, damit die Eltern ungestört ihrer Arbeit nachgehen können. Um sich gegenseitig zu wärmen, drängen sich die Jungtiere in einem Kreis eng aneinander. Auch sie tauschen die innersten, also wärmsten Plätze nach dem Rotationsprinzip immer wieder aus. Die Eltern bringen regelmäßig Nahrung vorbei. Bis zum Frühjahr bleiben die Jungen im Kindergarten, dann verlassen sie die Kolonie und kehren erst Jahre später wieder zurück, um selbst dort zu brüten.
Nur einer kommt durch
Alle anderen antarktischen Pinguinarten, wie beispielsweise die Adelie-Pinguine, brüten in den Sommermonaten und bauen dazu ein einfaches Nest aus Gras und Kieselsteinen. Damit die Eier auf dem harten Untergrund nicht zerbrechen, ist eine besonders stabile Schale von Vorteil. Forscher der Universität von Washington haben im Mai 2004 herausgefunden, dass die Weibchen vor der Eiablage vermehrt Muschelschalen fressen, um sich zusätzliche Vorräte an Kalzium zu beschaffen. Sie vermuten, dass das Kalzium im Verdauungstrakt der Vögel aus den kalkhaltigen Muschelschalen herausgelöst und dann zum Aufbau der Eierschalen verwendet wird.
Zwar legen Adelie-Pinguine zwei Eier, doch nach dem Prinzip „Hauptsache einer kommt durch“ ist einem der beiden Küken ein tragisches Schicksal beschieden. Meistens schlüpft ein Küken etwas eher als das zweite. Die Eltern bevorzugen das größere und stärkere Jungtier und stecken ihm mehr Nahrung zu. Das kleinere, schwächere Küken wird dagegen vernachlässigt und stirbt bald. Doch warum wählen Pinguine diese anscheinend so grausame Taktik? Hier hat der Fortbestand der Art oberste Priorität. Der Tod des zweiten Kükens stellt sicher, dass das meist begrenzte Nahrungsangebot nicht auch noch auf zwei hungrige Mägen verteilt werden muss. Umgekehrt dient das zweite Ei den Eltern als Rückversicherung, falls das erste Küken frühzeitig stirbt.
Stand: 14.06.2005