Doping gehört zum Spitzensport wie Siege, Medaillen und Weltrekorde. Erst recht seit der Wandlung von der „schönsten Nebensache der Welt“ zum Vollprofitum greifen immer mehr Athleten zu verbotenen Substanzen um ihre Leistungsfähigkeit zu steigern. Viel zu verlockend sind Siege, sind sie doch im wahrsten Sinne des Wortes oft kräftig zu „versilbern“. Fleißige Helfer beim Doping: Betreuer, Mediziner und Funktionäre. Für alle „rollt der Rubel“ halt schneller und besser mit dem Etikett des Champions auf der Brust.
Wenn man den Sp(r)itzensport nicht vom „Krebsgeschwür“ Doping befreien kann, sollte man dann Doping nicht freigeben – vielleicht unter ärztlicher Kontrolle? Auf den ersten Blick erscheint dies als die ideale Lösung: Man würde dem Schwarzmarkt in der Dopingszene das Wasser abgraben, Chancengleichheit für alle herstellen und die Gesundheitsgefahren für die Athleten zumindest teilweise reduzieren.
Aber auch eine Dopingfreigabe produziert ihre eigenen Probleme, mit denen man sich vorab auseinandersetzen muss. Was ist mit der Chancengleichheit für Sportler, die nicht bereit sind, ihrem Körper Hormone, Stimulanzien und Muskelpillen zuzumuten, nur um damit als Sieger aus dem Stadion zu gehen? Wer soll die ärztlich verordneten Medikamente bezahlen? Die Krankenkassen und damit die Allgemeinheit, quasi als „Doping auf Rezept“? Würde eine Dopingfreigabe nicht zu einem Boom in der „Dopingforschung“ führen, bei dem immer neue und womöglich noch gefährlichere Mittel auf den Markt kommen? Steht am Ende dieser Kette vielleicht sogar ein „gentechnisch erzeugter Gladiator“, der mit einem normalen Sportler genauso viel zu tun hat, wie ein Formel 1 Renner mit einem Serienauto?
Mehr Konsequenz und mehr Geld nötig
Was bleibt also als Lösung des Dopingproblems? Ich meine, man muss den bisher beschrittenen Weg der Dopingbekämpfung weitergehen, aber mit mehr Konsequenz und mit größerem finanziellen Aufwand. Die Einrichtung einer Welt-Anti-Doping-Agentur vor den Olympischen Spiele 2000 in Sydney war dabei ein Schritt in die richtige Richtung. Aber damit allein ist es nicht getan.
Bei den Trainingskontrollen muß die internationale Solidarität verbessert werden. Alle Athleten in allen Ländern müssen in Zukunft die gleiche Wahrscheinlichkeit haben von unangemeldeten Trainingskontrollen wirklich überrascht zu werden.
Im Bereich der Nachweisverfahren für die aktuellen „In“-Präparate muss noch mehr geforscht werden. Schon heute gibt die WADA allerdings rund ein Viertel ihres Budgets und damit mehrere Millionen Euro für die Suche nach neuen Testmethoden aus. Viel, aber vermutlich viel zu wenig, um auch zukünftige Problemfelder wie das Gendoping in den Griff zu bekommen.
Manchmal gewinnt man allerdings den Eindruck, dass einigen verantwortlichen Funktionären an der Beseitigung des Dopingproblems – aus welchen Gründen auch immer – gar nicht so sehr gelegen ist. „Für mich ist alles, was nicht der Gesundheit des Athleten schadet, kein Doping“, sagte beispielsweise vor einigen Jahren der greise ehemalige Präsident des Internationalen Olympischen Komitees Juan Antonio Samaranch. Vielleicht liegt ja gerade hier eine der entscheidenden Ursachen dafür, warum es in Sachen Dopingbekämpfung im Sport lange Zeit nicht recht vorangegangen ist.
Der neue IOC-Präsident Jacques Rogge jedenfalls scheint anderer Meinung zu sein als Samaranch. Er hat sich nicht nur vorgenommen die Korruption im IOC mit allen Mitteln zu beseitigen, auch der Kampf gegen das Doping steht auf seiner to-do-Liste ganz weit oben. Rogge hat versprochen, zur Not auch vor großen Namen nicht halt zu machen. Schön wär’s…
Stand: 20.08.2004