Längst nicht alle Ameisen ernähren sich von süßen Säften wie dem Honigtau. Pflanzensamen, tierische Beute, aber auch „Pilzhaltung“ spielen in der Welt der sozialen Insekten eine genauso große Rolle.
Die dabei von einer Kolonie verzehrten Nahrungsmengen sind zum Teil gigantisch. So benötigt eine durchschnittliche Kolonie Roter Waldameisen im Jahr neben Pflanzennektaren auch noch bis zu zehn Millionen Beutetiere. Auf ihrem Speiseplan steht dabei eine große Anzahl verschiedener Insekten einschließlich deren Brut. Die Spanne reicht dabei von Kiefernspinnern über Borkenkäfer bis hin zu Blattwespen.
Um an die ihre jeweilige Nahrung zu gelangen, sind die Ameisen nicht unbedingt wählerisch. Einige betätigen sich sogar als Diebe und jagen anderen, meist kleineren Arten, völlig skrupellos die hart erkämpfte Beute ab. Ameisenarten wie die Honigameisen dringen dagegen sogar in fremde Nester ein und verschleppen vor allem Eier, Puppen oder Larven ins heimische Nest. Dies haben Würzburger Wissenschaftler anhand eines genetischen Fingerabdrucks der Kolonien gezeigt.
Sobald die Jungtiere geschlüpft sind, werden sie unterjocht und auf den Duft der neuen Kolonie geprägt. Anschließend müssen sie den Sklavenhaltern dienen und sie im „Innendienst“ oder im „Außendienst“ mit allem lebensnotwendigen versorgen. Manche dieser Sklavenhalter sind mittlerweile so „dekadent“, dass sie sich nicht einmal mehr selbständig ernähren können. Um nicht zu verhungern, müssen sie sich von den Untergebenen füttern lassen.
Ameisen züchten Pilze
Eine besonders spektakuläre Form der Ernährung haben sich die Blattschneiderameisen in Südamerika einfallen lassen. Sie scheiden große Stücke aus den Blättern der Bäume in der Nähe ihres Nestes heraus und „fressen“ dabei manchmal ganze Plantagen kahl. Anschließend transportieren sie das geerntete Material in die gigantischen Bauten. Diese bieten mehreren Millionen Ameisen Platz und können sich bis 100 Meter tief in den Boden verzweigen.
Das Blattmaterial wird jedoch nicht direkt als Nahrungsmittel benutzt, sondern zu einer breiigen Masse zerkaut, auf der in vielen kleinen Kammern des Nestes ein Pilz gezüchtet wird. Diese unterirdischen Pilzgärten stellen nicht nur Nahrungsgrundlage für die Ameisen dar, der Pilz liefert ihnen auch lebenswichtige Verdauungsenzyme gleich mit.
Wie Wissenschaftler entdeckt haben, braucht der Pilz eine ganz bestimmte Luftfeuchtigkeit und spezielle Temperaturbedingungen, um optimal zu wachsen. Die Arbeiterinnen im Ameisenstaat können diese Umweltbedingungen anscheinend sehr exakt kontrollieren und verlegen zur Not sogar Teile der Pilzgärten in andere Nestbereiche. Sie sorgen aber auch dafür, dass das Nest gut belüftet und mit genügend Sauerstoff versorgt ist. Gesteuert wird das Klima im Ameisenstaat durch das Öffnen und Schließen von Tunnelausgängen, die Tiere bauen aber auch spezielle Lüftungskamine, über die frische Luft in das unterirdische Kammersystem gelangt.
Pinkeln hilft bei Hochwasser
Doch nicht nur als Landwirte oder Gärtner machen Ameisen von sich reden, auch bei der Bekämpfung von Naturkatastrophen zeigen sie ungeahnte Talente: Hochwasser ist nicht nur für die Kölner Altstadt ein Problem, auch Ameisen müssen sich gelegentlich mit diesem Problem herumschlagen. Obwohl die Nestausgänge meist schnell verschlossen werden, kann es doch passieren, dass gelegentlich Wasser in die Bauten eindringt und das Überleben der Königinnen oder der Brut gefährdet.
Manche Ameisen wie Cataulacus muticus aus Malaysia haben eine besondere Strategie entwickelt, um sich vor gefährlichen Überschwemmungen nach heftigen Regengüssen zu schützen. Wie Wissenschaftler von der Universität Frankfurt in „In-situ-Experimenten“ feststellten, dichten sie zunächst das Zugangsloch zum Ameisenbau mit einem Wall aus Köpfen und Leibern hermetisch ab, damit der Hochwasserspiegel im Nest nicht noch weiter steigt.
Parallel dazu sorgen sie, wie die Sendung „Nano“ vor kurzem berichtete, mithilfe eines simplen Verhaltenstricks dafür, dass bereits im Nest befindliches Wasser umgehend wieder entfernt wird. Während Menschen meist versuchen, Keller mit Pumpen oder notfalls durch Wasserschöpfen vor dem Vollaufen zu bewahren, bekämpfen die Ameisen die Überschwemmungen durch gemeinschaftliches Wassertrinken. Anschließend verlassen sie dann das Nest fluchtartig, um durch eine Art „kollektives Pinkeln“ die aufgenommene Flüssigkeit draußen wieder abzugeben.
Stand: 30.04.2004