Ein kalter Wind pfeift über die niederrheinische Landschaft, die Wolken hängen tief und still liegt die Ortschaft Otzenrath. Niemand ist zu sehen, keine Autos fahren, ein verwaister Spielplatz und leere Schaufenster. Eine Geisterstadt, so könnte man glauben. Doch es gibt sie noch, die letzten Einwohner von Otzenrath.
„Natürlich werden auch wir umziehen müssen, wenn sich ab 2006 die Bagger durch unser Dorf fressen“, sagt ein Einwohner. „Unser Ort existiert dann nicht mehr, uns bleibt nur noch die Erinnerung an unsere Heimat. Ist doch ein Verbrechen, oder!?“ So oder ähnlich denken viele der ehemals 1.700 Einwohner, die der geplanten Erweiterung des Braunkohlentagebaus, Garzweiler II, weichen müssen.
Doch Otzenrath ist nur der Anfang: Für die geplante Erweiterung des Tagebaus müssen insgesamt 7.600 Menschen und zehn weitere Ortschaften umgesiedelt werden. Widerstand zwecklos. Denn bis zum Jahr 2045 will die RWE-Rheinbraun AG auf weiteren 48 Quadratkilometern über 1,3 Milliarden Tonnen Braunkohle abbauen. Von der Landschaft wird da nicht viel übrig bleiben.
„Für die betroffenen Einwohner werden wenige Kilometer entfernt neue Ortschaften als adäquater Ersatz geschaffen“, heißt es dazu bei RWE. Neubau gegen Altbau, lautet das Motto. Und bei Wunsch werden bestehende Nachbarschaften erhalten. Sozialverträglichkeit ist das oberste Gebot. Zudem wird die ausgeräumte Landschaft nach der Förderung rekultiviert und soweit wie möglich wiederhergestellt. Ein großflächiges Naherholungsgebiet mit Badeseen, Parkanlagen und Wanderwegen ist geplant.