Geologie/physische Geographie

Molekulare Kneippkur oder Winterstarre?

Überlebensstrategien von Tieren und Pflanzen

Schneehasen tun es, Elche tun es und Bäume und Pflanzen tun es auch. Alle Organismen, die im harten und zum Teil lebensfeindlichen Klima der Taiga überleben wollen, müssen sich perfekt an die extremen Umweltbedingungen anpassen.

Rentier © IMSI MasterClips

Die Methoden mit denen sich Fauna und Flora vor der grimmigen Kälte, dem niedrigen Futterangebot oder einfach dem Entdecktwerden durch Fressfeinde schützen, sind außerordentlich vielfältig. Viele Tiere verbringen beispielsweise den langen Winter der Taiga in Winterstarre oder -ruhe. Andere wie beispielsweise der Elch oder das Rentier haben sich im Laufe der Evolution ein im wahrsten Sinne des Wortes „dickes Fell“ zugelegt, damit sie noch bei Temperaturen von über minus 40 °C auf Futtersuche gehen können. Der Schneehase dagegen trägt in der schneereichen Jahreszeit ein weißes Fell, um in der unberührten, weißen Umgebung nicht weiter aufzufallen.

Auch die immergrünen Nadelbäume wissen sich gegen den extremen Frost gut zu schützen. Die Fichtennadeln schaffen es durch eine Art „molekulare Kneippkur“ im Herbst, die Kälteresistenz ihrer Nadeln auf Temperaturen von minus 30 Grad oder mehr zu verbessern. Ermöglicht wird dies durch eine Erhöhung der Zuckerkonzentration des Zellsafts und andere Veränderungen in den Zellen. Darüberhinaus schützt eine dicke Wachsschicht auf der Epidermis vor der Austrocknung im Winter. Im Frühjahr werden die Frostschutzmittel wieder entfernt, damit die Photosynthese oder andere wichtige Lebensvorgänge anlaufen können.

Einfallsreiche Schwarzfichte

Zu einem der einfallsreichsten Lebewesen beim „Kampf ums Dasein“ hat sich die unscheinbare Schwarzfichte Picea mariana entwickelt. Je nachdem, welche Lebensbedingungen am Standort herrschen, kann sie beispielsweise ihr Wachstum sehr stark variieren. Während in besonders kalten Regionen gerade mal ein Meter hohe Zwergformen des Baumes dominieren, kann die Schwarzfichte an wärmeren, nährstoffreicheren Standorten auch 20 oder 30 Meter hohe Giganten hervorbringen.

Ebenso anpassungsfähig ist die Schwarzfichte, wenn es um die Fortpflanzung geht. Normalerweise erfolgt die Vermehrung ganz normal über Samen, die in geeigneter Erde auskeimen und Wurzeln schlagen. Doch Picea mariana kann auch anders. Bei ungünstigen Bodenbedingungen wachsen an den untersten Äste Wurzeln heran und die Zweige verwandeln sich nach und nach zu richtigen „Baumbabies“.

Der Nachwuchs erweist sich als echter Nesthocker, denn er bleibt zunächst auf dem „Mutterbaum“ und gibt ihm ein außergewöhnliches kerzenleuchterartiges Aussehen. Erst wenn die alten Bäume absterben, schicken die Baumkinder ihre Wurzeln in den Boden und wachsen mit der Zeit zu vollwertigen Schwarzfichten heran.

Bei diesem enormen Einfallsreichtum und der großen Anpassungsfähigkeit der Art ist es kein Wunder, dass die Schwarzfichte, beispielsweise in Labrador, viele unterschiedliche Lebensräume erobert hat und zu den häufigsten Bäumen des boreralen Nadelwaldgürtels gehört.

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Stand: 20.06.2003

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Die Taiga
Vom Naturparadies zum Krisengebiet?

Facts
Das Wichtigste in Kürze

Das grüne Band der Nordhalbkugel
Die Taiga

Taiga ist nicht gleich Taiga
Gigantisches Puzzle aus zahlreichen Einzelbausteinen

Molekulare Kneippkur oder Winterstarre?
Überlebensstrategien von Tieren und Pflanzen

Triumph der Feuchtgebiete
Taigamoore als Kohlenstoffspeicher

Artensterben und Versumpfung
Klimawandel bedroht die Taiga

Showdown für den König der Taiga?
Tigerhatz in Ostsibirien

Flammenhölle Taiga
Steigt die Waldbrandgefahr?

Papier aus der Taiga
Gefahr durch Holzeinschlag

Risikofaktor Bodenschätze
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