Nanometergroße Minimaschinen, die einzelne Atome manipulieren können oder als Nano-U-boote durch den menschlichen Blutstrom kreisen – schon im Jahr 1959 waren solche Dinge für den amerikanischen Physiker Richard Feynman nur eine Frage der Zeit, nicht aber der Machbarkeit. In seiner berühmt gewordenen Rede mit dem Titel „Dort unten ist noch viel Raum“ konstatierte er: „Die Prinzipien der Physik, so weit ich es sehe, sprechen nicht gegen die Möglichkeit, die Dinge Atom für Atom zu bewegen.“
Zu einer Zeit, als die einfachsten Rechenmaschinen noch den halben Schreibtisch einnahmen, erschienen solche Vorstellungen reichlich absurd, sogar bizarr. Doch der Physiker ließ sich nicht beirren, für ihn war klar, dass die Zukunft der Technik im Kleinen liegen musste: „Im Jahr 2000, wenn sie in unsere Zeit zurückblicken, werden sie sich wundern, warum es bis zum Jahr 1960 gedauert hat, bis sich endlich jemand ernsthaft in diese Richtung bewegt hat.“
Und Feynman hatte recht: Inzwischen sind nicht nur die Computer auf Miniaturgröße geschrumpft, die Forscher dringen auch immer weiter in die Welt im Nanometermaßstab vor. Mithilfe von Rasterkraft- und anderen hochauflösenden Mikroskopen machen sie das Reich der Atome sichtbar und in zunehmendem Maße auch manipulierbar. Die Nanotechnologie gilt heute, gemeinsam mit der Biotechnologie, als die Zukunftstechnologie schlechthin, das 21. Jahrhundert als „Ära der Nanowissenschaften“.
Und die Forschung boomt: 1991 entdeckten Nanowissenschaftler die „Nanotubes“, kleinste Röhrchen aus Kohlenstoffatomen. Sie gelten heute als mögliche Grundbausteine für zukünftige Nanomaschinen und -bauteile. 1996 bauten IBM-Forscher aus einzelnen Atomen den kleinsten Abakus der Welt und 2003 gelang es erstmals, einen aus künstlichen und biologischen Bestandteilen kombinierten Motor im Nanomaßstab zu konstruieren.
Fast täglich werden neue, „bahnbrechende“ Ergebnisse aus der Nanotechnologie in den Medien verkündet – in der Regel reich garniert mit leuchtenden Zukunftsszenarien. Gleichzeitig mehren sich jedoch auch die mahnenden Stimmen. Sie warnen vor den unkalkulierbaren Risiken der neuen Technologie und sprechen, wie der amerikanische Computerexperte Bill Joy, gar von einer „Büchse der Pandora“. Im Frühjahr 2003 forderte die kanadische Umweltorganisation ETC sogar ein Moratorium für die Nanoforschung, einen Bann ähnlich dem für Bio- und Chemiewaffen.
Doch was haben die Horrorszenarien, aber auch die Visionen von einer „schönen neuen Nanowelt“, tatsächlich mit der Realität der heutigen Nanotechnologie zu tun? Wie nah sind die Forscher Feynmans Visionen von Atomfabriken und Nano-U-Booten? Ist die Gefahr durch die neue Technologie real?
Stand: 21.05.2003