Als die Portugiesen die Inseln Anfang des 15. Jahrhunderts in Besitz nahmen, dominierten Zedern- und Buchenwälder oder Drachenbäume die Vegetation auf den Azoreninseln. Heute ist von dieser urtümlichen Flora nicht mehr viel zu finden. Denn schon bald begannen die ersten Siedler, die Wälder abzuholzen und Weide- und Ackerflächen anzulegen.
Flora…
Mittlerweile ist die Umgestaltung der Natur auf den Azoren durch den Menschen so gründlich, dass nur noch fünf bis zehn Prozent der Fläche den ursprünglichen Baum- und Pflanzenbewuchs aufweisen.
Trotzdem gibt es noch immer mehr als 50 nur hier bekannte und daher endemische Pflanzenarten wie den Makaronesischen Gagelbaum, die bis zu sechs Meter hohe Baum- oder Besenheide oder den Pau-branco, ein kleiner immergrüner Baum, mit kleinen weißen Blüten, der vor allem wegen seines kostbaren Hartholzes begehrt ist. Auch einige der 425 Moose, die die Botaniker gezählt haben sind Azoren-typisch.
In Lagen oberhalb von 500 Metern gibt es auch noch immer den lange Zeit typischen Lorbeer-Wacholder-Nebelwald. Allerdings wurde er größtenteils auf Naturschutzgebiete wie auf Pico zurückgedrängt. Längst haben die langen Hortensienhecken den Wald als Markenzeichen der Azoren abgelöste. Sie umgeben oft die zahlreichen Felder und Weiden und schützen sie vor den zum Teil kräftig Winden. Auch die aus Japan eingeführte Sicheltanne bestimmt heute in vielen Regionen bereits das Landschaftsbild. Der Nadelbaum wird bis zu 20 Meter hoch und eignet sich auch für eine kommerzielle Nutzung.
…und Fauna auf den Azoren
Als Charaktertier der Azoren dagegen kommt nur ein Haustier, die Kuh, in Frage, die fast überall auf den Inseln zu finden ist und sich als Lieferant für Milch und Fleisch unentbehrlich gemacht hat. Zu den wenigen endemischen Tierarten auf dem Archipel gehören beispielsweise die Azorenfledermaus, die Abend für Abend den Himmel über Pico unsicher macht, der Priolo, eine Finkenart und die bereits von den ersten Entdeckern bemerkten Bussarde.
Zum Tummelplatz für seltene Arten haben sich dagegen die Meeresgebiete rund um die Azoren entwickelt. In den vielleicht fischreichsten Gewässern der Erde sind neben Muränen, Rochen oder zahlreichen Schwarmfischen auch über 20 Meeressäugerarten wie der Pottwal oder der Gemeine Delfin vertreten. Auch verschiedene vom Aussterben bedrohte Meeresschildkröten wie die Unechte Karettschildkröten (Caretta Caretta) machen hier Zwischenstation auf ihrem Weg zu den Fortpflanzungsrefugien.
Vom Walfang zum Whale watching
Nicht immer konnten sich die Wale und Delfine auf den Azoren so sicher fühlen wie heute. Erst 1989 entschloss sich die autonome Regierung des Archipels zum Schutz aller Meeressäuger in seinem Hoheitsgebiet. Bis dahin wurden Delfine und Wale mit Begeisterung gejagt und direkt vor Ort zu Tran und Ködern verarbeitet.
Hochkonjunktur hatte die Jagd auf die Giganten der Meere vor allem im 19. Jahrhundert. Anders als bei anderen Walfangnationen wurden die Meeressäuger ausschließlich in Küstennähe mit Ruderbooten und von Hand geschleuderten Harpunen erlegt. Es gab deshalb auf den Azoren keine kommerziellen Ausrottungsfeldzüge gegen die Meeressäuger.
Um vor allem den besonders beliebten weil wertvollen Pottwalen auf die Spur zu kommen vertrauten die Azorianer einem perfekt ausgeklügelten System. Walausgucke, sogenannte vigias, wurden an allen wichtigen Aussichtspunkten der Inseln errichtet, die ständig mit einem Beobachtungsposten besetzt waren. Sobald irgendwo in erreichbarer Nähe die typischen Blas der Wale, gewaltige Dampffontänen aus verbrauchter Luft wurde dann Alarm gegeben. An Stelle des aus dem Film „Moby Dick“ mit Gregory Peck hinlänglich bekannten Rufs „Wal – Da bläst er!“ ertönte die azoreanische Variante „baleia, baleia“. Waren die Posten nicht in Rufweite der Häfen wurden akustische oder optische Signale abgefeuert, die die Walfänger mit ihren Booten alarmierten.
Heute, fast 20 Jahre nach dem Walfangverbot gehen die Azoreaner wieder auf die Jagd nach den Meeressäugern. Dieses Mal allerdings zu friedlichen Zwecken. Die Nachfolger der Walfänger haben das Whale Watching als lukrative Einnahmequelle entdecket und starten mit Forscher und Touristen regelmäßig in die atlantischen Gewässer vor ihrer Küste.
Mittlerweile gibt es sogar bereits einige Delphinschulen, vor allem für Kids, wo die jungen Naturfreaks lernen, Delphine in freier Wildbahn zu beobachten. Auch die Biologie und der Schutz der seltenen Meeressäuger in Theorie und Praxis stehen auf dem Unterrichtsprogramm.
Stand: 02.05.2003