Jedes Jahr machen sich die Zugvögel auf die große Reise, aber sie brauchen keine Karte, haben ihren besten Weg nicht vom Computer berechnen lassen oder nehmen gar mit GPS die Route auf. Sie müssen sich mit dem helfen, was die Natur ihnen bietet. Um den richtigen Kurs beizubehalten, orientieren sich die Vögel an Magnetfeld, Sonne, Sternen und Mond.
Weil die Stärke und Ausrichtung des Magnetfeldes auf der Erde an jedem Punkt variiert, können die Zugvögel mit Hilfe dieses Feldes ihre Position ausmachen und ihre Flugrichtung bestimmen. Da sie zur Navigation außerdem Licht benötigen, nehmen sie das Magnetfeld vermutlich mit dem Auge wahr. Wie die Magnetfeldorientierung jedoch im Einzelnen abläuft, konnte bisher noch nicht abschließend geklärt werden. Amerikanische Forscher vermuten, dass biophysikalisch ablaufende Prozesse in Zusammenhang mit dem Photorezeptor Cryptochrom, der sich im Auge der Vögel befindet, eine wichtige Rolle spielen. Cryptochrome sind lichtempfindliche Pigmente, die bisher dafür bekannt sind, dass sie bei Tieren die innere Uhr mit der äußeren abgleichen können.
Bei Untersuchungen am Rotkehlchen konnten die Wissenschaftler der Goethe-Universität Frankfurt und der Ruhr-Universität Bochum bereits herausfinden, wo das „Magnetsehvermögen“ im Gehirn der Tiere angesiedelt ist. Dazu hatte man abwechselnd das rechte und linke Auge des kleinen Vogels verbunden und ihn anschließend während seines Zugdrangs beobachtet. Die Ergebnisse zeigten: das Rotkehlchen „sieht“ das Magnetfeld hauptsächlich mit dem rechten Auge. Die untersuchten Rotkehlchen hatten jedenfalls keine Probleme sich zu orientieren, wenn man ihnen lediglich das linke Auge abdeckte. Schwierigkeiten mit der Orientierung gab es jedoch, wenn das rechte Auge verbunden war. Die Forscher schließen daraus, dass sich die Magnetfeldorientierung nur in der linken Hirnhälfte der Vögel befindet, da bei ihnen, wie beim Menschen, die Nervenbahnen von den Körperhälften zum Gehirn gekreuzt sind.
Die andere Möglichkeit der Navigation für Vögel sind Sonne und Sterne. Da diese von der Erde aus betrachtet ständig in Bewegung sind, haben die Tiere zusätzlich eine zeitliche Orientierung, um ihre Position auf der Erde genau zu bestimmen. Denn nur so können sie auch wirklich in die richtige Richtung fliegen.
Ein bißchen einfacher ist es da, nur den Polarstern zu nutzen. Er verändert seine Position nicht so stark und der Vogel kann auf die „innere Uhr“ weitestgehend verzichten. Dies macht zum Beispiel der Indigofink.
Zusätzlich zur genetischen Programmierung helfen den Vögeln die Erfahrungen, die sie auf ihrem Flugweg machen, sich zu orientieren. So prägen sie sich auffällige Landmarken ein, beispielsweise Flüsse und Berge. Das hilft den Zugvögeln jedes Jahr ihre Überwinterungs- bzw. Brutgebiet schnell wiederzufinden und erhöht ihre Chance zu überleben.
Stand: 20.03.2003