Das Tote Meer oder Bahr Lut oder Bahr Zaghar Bint Lut wie es im Arabischen genannt wird, ist bekannt für seine spektakulären Salzformationen und für Urlauber, die beim Baden Zeitung lesen können. Was jedoch kaum jemand weiß ist, dass sich in der Region im Laufe der Jahrtausende auch eine ganz spezielle Tier- und Pflanzenwelt angesiedelt hat, die es in dieser Zusammensetzung sonst nirgendwo auf der Welt gibt.
Wenn dort aber so viele Tiere zu finden sind, warum heißt das Tote Meer dann Totes Meer? Nun, das Wasser des Sees macht seinem Namen durchaus alle Ehre. Nur einigen wenigen Organismen ist es gelungen, im Toten Meer Fuß zu fassen. Sie verfügen über eine derart hohe Salztoleranz, dass sie selbst die extremen Bedingungen im salzigsten Gewässer der Erde überleben können. Abgesehen von diesen Grünalgen und roten Archaebakterien ist das Binnengewässer jedoch eine ökologische Wüste.
Rund um den See jedoch sind mit der Zeit zum Teil bizarre Biotope entstanden, die eine erstaunliche Vielfalt an Organismen beherbergen. Leoparden, Hyänen, Fledermäuse, der Arabische Wolf und viele andere seltene oder gefährdete Tiere bevölkern die Uferzonen oder in der Nähe gelegene Frischwasserquellen und Oasen. Zoologen der Umweltorganisation Friends of the Earth haben insgesamt 25 verschiedene Reptilien- und Amphibienarten, 24 unterschiedliche Säugetiere und sechs Fischarten in der Region gezählt. Darunter sind einige Spezies wie der „Dead-Sea Sparrow“, die es weltweit nur hier gibt.
Das Tote Meer ist zudem ein wichtiger Knotenpunkt der verschiedenen Zugvogelrouten und deshalb ist es nicht weiter verwunderlich, dass auch 90 verschiedene Vogelarten in der Region anzutreffen sind. Reiher, Geier, Kuckuck, Bachstelze oder unser altbekannter „Klapperstorch“ geben sich hier auf dem Weg von Europa nach Afrika und zurück die „Klinke“ in die Hand. Viele der Feuchtgebiete und Marschlandschaften rund um den See sind aber nicht nur Rastplatz, sondern zugleich auch echte Brutgebiete für die hier heimischen Vögel.
Doch nicht nur die Fauna hat im Herzen des Jordanbeckens einiges zu bieten, auch fast 500 verschiedene Pflanzenarten haben rund um das Meer und in Oasen wie Ein Gedi ihre ganz persönliche ökologische Nische gefunden.
Mittlerweile jedoch ist diese erstaunliche Vielfalt bedroht. Umweltverschmutzungen durch Pestizide oder industrielle Abwässer, die Jagd, der kaum zu zähmende Bauboom, Dämme und intensive Landwirtschaft gefährden und zerstören die einzigartigen Lebensräume und haben schon viele Tiere aus der Region abwandern lassen. Vor allem die industrielle Mineraliengewinnung im Süden des Toten Meeres beeinträchtigt zudem das biologische Gleichgewicht des Sees und gefährdet die in den Uferregionen angesiedelte Fauna und Flora.
Doch die größte Gefahr für die Tier- und Pflanzenwelt des Toten Meeres ist das Absinken des Wasserspiegels. Ein Drittel seiner Fläche hat das Binnengewässer in den letzten 30 Jahren verloren. Viele der Feuchtgebiete und Marschlandschaften, die früher unmittelbar am Ufer des Sees lagen sind mittlerweile verödet und zu salzüberzogenen Wüsten geworden. Mit dem langsamen Austrocknen des Sees einher geht zudem ein stetig fallender Grundwasserspiegel in der Region – mit ebenfalls verheerenden Folgen. Viele der zahlreichen natürlichen Quellen und kleineren Oasen sind mittlerweile verödet und die früher dort zu findenden Mikroökosysteme unwiederbringlich verloren.
Sogar die Extremophilen im Wasser des Toten Meeres stehen nach Angaben von Wissenschaftlern heute kurz vor dem Kollaps. Durch den fehlenden Frischwasserzufluss sowie die natürliche und die industrielle Wasserverdunstung ist der Salzgehalt des Toten Meeres so angestiegen, dass selbst die Grenzgänger im Reich der Lebewesen wie Dunaiiella parva diese Bedingungen nicht mehr tolerieren können…
Stand: 06.09.2002