Maschinen zum Denken zu bringen, dieses Ziel eint die Bemühungen der KI-Forscher, ob aus dem Bereich der Computertechnik, der Kybernetik, der Neurowissenschaft oder der Robotik. Doch um dies zu erreichen, muss erst einmal feststehen, was „Denken“ eigentlich ist. Aber die Essenz dessen, was menschliche Intelligenz ausmacht, entzieht sich bis heute den sezierenden und analysierenden Augen der Wissenschaftler.
Die Signalübertragung der einzelnen Neuronen, der bloße anatomische Hirnaufbau oder die groben Zuständigkeiten der einzelnen Hirnareale für bestimmte Funktionen wie Sprechen, Sehen oder Hören sind zwar in etwa bekannt, doch was beim Denken oder gar Fühlen in ihnen vorgeht, weiß bislang niemand so genau.
Verschiedenste Analogien
Folglich greifen Forscher zu Hilfskonstruktionen, zu Erklärungsmodellen um das Geschehen in der „Black Box“ Gehirn wenigstens einigermaßen fassen zu können. Das konstatiert auch Marvin Minsky, einer der Pioniere und Vordenker der KI-Forschung: „Weil wir die Funktionsweise des menschlichen Gehirns nicht verstehen, werden immer die neuesten technologischen Entwicklungen als Modell herangezogen.“
So galt Ende des 19. Jahrhunderts das Telegraphensystem als passende Analogie, Anfang des 20. Jahrhunderts dominierte das Bild einer Telefonschaltzentrale. Für Sigmund Freud dagegen glich das Gehirn einem hydraulischen und elektromagnetischen System. Heute wiederum sind es Analogien zu Computern und digitalen Netzwerken, die unsere Vorstellungen des Denkens beeinflussen und prägen.
Doch genau hier liegt das Problem. „Gehirne sind mehr als Computer, selbst als die Computer der Zukunft mit Kohlenstoffnanoröhrchen anstelle der siliziumbasierten Halbleiter,“ erklärt Brian Aldiss, der Autor der Romanvorlage zum Film „AI – Artificial Intelligence“. Und dieses „Mehr“ lässt sich, so wissen sowohl Gehirnforscher als auch Computerwissenschaftler heute, nur schwer fassen.
Robert Trappl, Direktor des „Austrian Research Intitute for Artificial Intelligence“ in Wien, bringt die missliche Lage auf den Punkt: „Intelligenz ist etwas, von dem wir wissen, dass es existiert, aber noch nicht verstehen, wie es funktioniert.“
Nadja Podbregar
Stand: 20.05.2002