Nadja: „Hallo, wer bist du?“
Brian: „Mein Name ist Brian, und deiner?“
Nadja: „Ich heiße Nadja. Wie geht es dir heute?“
Brian: „Gut, aber ein bisschen schläfrig. Und selbst?“
Nadja: „Ganz ok, aber etwas gestresst.“
Ein Dialog, wie er banaler und alltäglicher nicht sein könnte. Mit einem kleinen Unterschied: Einer der beiden Gesprächspartner ist ein Computer. Während bei diesem kurzen Bruchstück kaum zu erkennen ist, welche der beiden Personen ein Computer und welche ein Mensch ist, lässt sich dieser Eindruck allerdings bei längerem Gespräch nicht mehr so ganz aufrechterhalten. Der Computer verrät sich:
Nadja: „Gefällt dir das Wetter in Australien?“
Brian: „Es ist in Ordnung.“
Nadja: „Schneit es dort im Winter?“
Brian: „Nein, habe ich leider nicht.“
Nadja: „Was ist dein Beruf?“
Brian: „Ich mag italienische Küche auch ganz gerne“
Intelligenztest für Computer
Spätestens jetzt ist klar, dass Brian entweder überhaupt nicht bei der Sache ist oder aber eben nicht menschlich – ein Computer. Und genau auf diesen verräterischen „computeresischen“ Ausrutschern basiert auch einer der klassischen Intelligenztests für Computer, der Turing-Test.
Er geht zurück auf eine 1950 von dem Mathematiker und Computerpionier Alan Turing veröffentlichten Idee. Er schlug vor, die Intelligenz einer Maschine in einer Art Imitationsspiel auf die Probe zu stellen. Wenn ein Mensch in einem Dialog mit einem für ihn unsichtbaren Partner nicht unterscheiden könne, ob sich ein Mensch oder ein Computerprogramm am anderen Ende befindet, dann sei das Programm als intelligent zu werten.
Der Loebner-Preis
Wäre der obige Dialog Teil eines solchen Turing-Tests, hätte Brian, ein in Australien entwickeltes Dialogprogramm, damit wohl eindeutig versagt – wie bislang auch alle seiner unzähligen „männlichen“ und „weiblichen“ Kollegen. Die vielversprechendsten von ihnen haben seit 1991 an einer modernen Version des Turing-Tests, dem Loebner-Preis teilgenommen. Bei diesem von einem amerikanischen Computerconsultant gegründeten jährlichen Wettbewerb „unterhalten“ sich zehn Juroren drei Stunden lang abwechselnd mit dem jeweiligen Programm und testen seine „Menschlichkeit“.
Bisher allerdings ist der Hauptpreis von 10.000 Dollar für ein „intelligentes Programm“ noch nie vergeben worden – die Wettbewerber schafften es nicht einmal ansatzweise, überzeugend menschlich aufzutreten. Inzwischen wird jedes Jahr von vornherein nur noch eine Art Trostpreis von 2.000 Dollar für das „menschenähnlichste Programm“ ausgeschrieben. „Brian“ schaffte es dabei 1998 immerhin auf Platz drei und gehört damit noch zu den besten seiner Art.
Doch warum ist es so schwierig, diesen Test zu bestehen? Eine mögliche Erklärung liefert Hans Kamp vom Institut für maschinelle Sprachverarbeitung in Stuttgart: „Es gibt schon sehr gute Algorithmen der Spracherkennung, wenn es darum geht, aus derm akustischen Signal die Wörter zu erkennen, es gibt auch ganz brauchbare Algorithmen, um diesen Sequenzen eine entsprechende grammatische Struktur zuzuordnen. Aber aus diesen Strukturen dann die logisch transparente Bedeutungsrepräsentation abzuleiten, dass ist etwas, was uns noch immer sehr schwer fällt.“
Und hier liegt das Problem: Denn nur wenn die Bedeutung einer Phrase klar ist, kann auch eine sinnvolle – menschliche – Reaktion darauf erfolgen. Nach Ansicht des Computerwissenschaftlers Jason Hutchens hat Turing die einzige Lösung zu seinem Test geliefert: „Turing sagte, dass die beste Methode, um diesen Test zu bestehen darin bestünde, eine Babymaschine zu bauen und diese das Sprechen lernen zu lassen.“
Nadja Podbregar
Stand: 20.05.2002