Doch natürlich wäre es zu einfach, in allen Klimaskeptikern automatisch Scharlatane, blindwütige Eiferer oder Industrielobbyisten zu sehen – auch wenn es in dieser „Nische“ verdächtig viele von ihnen zu geben scheint. Immerhin gibt es auch seriöse Klimaforscher, die Kritik an den Modellen, Interpretationen und Prognosen des IPCC äußern.
Einer von ihnen ist Douglas Hoyt, Atmosphärenphysiker und Autor von immerhin 80 wissenschaftlichen Veröffentlichungen zu solarer Strahlung und ihren Klimawirkungen. Er sieht seine Kritik in erster Linie als Anstoß und Regulativ, als integralen Bestandteil der normalen wissenschaftlichen Diskussion: „Jede neue Hypothese braucht ihre Kritiker, um die Dinge ehrlich zu halten, und das ist genau das, was ich hier tue“ , erklärt er.
Im Gegensatz zu vielen anderen Klimaskeptikern streitet er weder den Klimawandel als solchen ab, noch die Tatsache, dass auch anthropogene Einflüsse eine Rolle spielen könnten. Hoyts Ansicht nach sind jedoch weder die heutigen Modelle noch die Messungen, auf denen sie basieren, genau genug, um das tatsächliche Ausmaß des Klimawandels eindeutig festzustellen.
Mit dieser Ansicht steht Hoyt nicht allein da, räumen doch immerhin auch die Mitglieder des IPCC ein, dass Modelle, die das tatsächliche Klimageschehen der Erde in all seiner Komplexität simulieren können, erst in den nächsten Jahrzehnten zu erwarten sind.
Bestätigt wird dies auch durch Klimaforscher wie Michael Schlesinger von der Universität von Illinois, der im März 2001 in der Zeitschrift Journal of Geophysical Research eine Studie veröffentlichte, nach der die von der IPCC vorhergesagte Temperaturspanne von 1,4 bis 5,8°C Erwärmung mit einer Wahrscheinlichkeit von 54 Prozent über- oder unterschritten werden kann. Schlesinger: „Wenn das Klima sensibler reagiert, als die Obergrenze der IPCC es voraussieht, könnte der Klimawandel zu einem der gravierendsten Probleme des 21. Jahrhunderts werden. Liegen die Werte jedoch unterhalb der IPCC-Grenzen, wäre es keine große Sache.“
Unabhängig von der Diskussion um das Ausmaß des Klimawandels weicht Douglas Hoyt auch in der Zuordnung der Ursachen von der IPCC Linie ab: Er sieht sie eher in natürlichen als in anthropogenen Faktoren: „Die solaren Einflüsse können den größten Teil der Klimaerwärmung im 20. Jahrhundert erklären, aber es bleibt noch immer eine unerklärbare Resterwärmung von etwa 0,16°C, die den anthropogenen Treihausgasen zugeordnet werden kann.“ Schlesinger dagegen mahnt bei aller Skepsis: „Es könnte den guten Teil des Jahrhunderts dauern, bis wir genügend Beobachtungsdaten haben, um den Grad der Unsicherheit deutlich absenken zu können. Bis dahin allerdings könnte es längst zu spät sein, um noch etwas dagegen zu tun.“
Die Auseinandersetzung Hoyts und anderer seriöserer Wissenschaftler mit der IPCC findet im Unterschied zu vielen anderen klimaskeptischen Stimmen nicht nur in den Massenmedien sondern auch in wissenschaftlichen Veröffentlichungen statt und entzieht sich damit nicht der Bewertung und Diskussion durch Fachkollegen. Damit bieten ihre Argumente und Daten immerhin die Möglichkeit zu einer fruchtbaren Auseinandersetzung und können vielleicht sogar dazu beitragen, das komplexe Klimageschehen immer besser zu verstehen.
Stand: 20.04.2002