Wer ist schuld? Die Umwelt? Die Gene? Eine Kombination von beidem? Schon seit der Entdeckung des Phänomens Allergie versuchen die Allergologen, den Ursachen dieser rätselhaften Krankheit auf den Grund zu gehen. Einen ersten Hinweis auf die möglich Beteiligung von Erbfaktoren gab schon die erste epidemiologische Studie im Jahr 1916. Es zeigte sich, daß bei fast der Hälfte der Allergiker auch Familienmitglieder allergische Symptome zeigten.
Neuere Befunde bestätigen diese Ergebnisse – bestimmte Allergieformen scheinen uns tatsächlich „in die Wiege gelegt“ zu sein. Wann und unter welcher Form sich eine solche Allergie ausprägt, steht jedoch nicht fest: Denn nicht Asthma, Heuschnupfen oder Neurodermitis selbst werden vererbt, sondern lediglich die Veranlagung zur erhöhten Produktion von Immunglobulin E gegen häufige Allergene.
Sind die Eltern eines Kindes zum Beispiel gegen Gräserpollen allergisch, so ist zwar die Wahrscheinlichkeit erhöht, daß ihr Kind ebenfalls eine Allergie entwickelt, es muß aber nicht gegen dasselbe Allergen und mit denselben Symptomen reagieren. Auch Studien an 7.000 eineiigen Zwillingspaaren zeigten, daß auch Zwillinge nur selten an genau dergleichen allergischen Erkrankung leiden. Hat der eine Zwilling Heuschnupfen, ist nur in fünf Prozent der Fälle auch der andere daran erkrankt.
Das Indiz für eine allergische Veranlagung, der deutlich erhöhte Immunglobulin E -Gehalt im Blut, ist schon bei neugeborenen Säuglingen meßbar: Übersteigt der IgE-Gehalt im Blut zwei Mikrogramm pro Liter und sind einer oder beide Eltern Allergiker, wird das Kind mit 80prozentiger Wahrscheinlichkeit später unter einer Allergie leiden.
Wahrscheinlichkeit, eine Veranlagung zur Allergie zu erben (Näherungswerte):
Kein Elternteil Allergiker: 10 – 20 Prozent
Ein Elternteil Allergiker: 30 – 50 Prozent
Beide Elternteile Allergiker: 40 – 75 Prozent
Ob allerdings dieser Befund ein unausweichliches „Schicksal“ darstellt, ist strittig. Denn nicht alle Menschen mit einem erhöhten IgE-Spiegel werden automatisch und unausweichlich krank. Was aber entscheidet letztendlich, ob und wie sich eine Allergie entwickelt? Während einige Allergieforscher die „Macht der Gene“ für so stark halten, daß die Umwelt nur eine untergeordnete Rolle spielt, glauben andere, wie der Berliner Allergologe Ulrich Wahn, daß sich der Beginn einer Allergie hinausschieben läßt.
Stand: 26.03.2002