Wer nicht vor seinem Allergen flüchten kann und auch den Zeitpunkt für eine Hyposensibilisierung verpaßt hat, muß sich nicht mit laufender Nase oder Atemnot abfinden. Ihm bleibt immer noch der Griff zur „Pille“. Die Anzahl der Medikamente, die gegen allergische Beschwerden angeboten werden, ist fast unüberschaubar. Dennoch folgen alle Präparate im Prinzip vier Hauptstrategien, um die Allergiesymptome zu unterdrücken:
Nasensprays
Die am wenigsten spezifische Wirkung haben Nasensprays und andere schleimhautabschwellende Mittel. Sie funktionieren, indem sie die Blutgefäße in der Schleimhaut verengen. Akute Heuschnupfensymptome lassen sich damit zwar bekämpfen, die Wirkstoffe können aber bei längerer Einnahme erst recht eine verstopfte Nase verursachen. Länger als zwei Wochen sollte man sie daher keinesfalls anwenden.
Antihistaminika
Diese seit den fünfziger Jahren gegen Heuschnupfen und andere Allergien eingesetzten Präparate blockieren die entzündungsauslösende Substanz, das Histamin. Die Wirkstoffe besetzen die Histaminrezeptoren an den Körperzellen und verhindern so, daß sich Histamin, das von den Mastzellen der Schleimhäute freigegeben wird, anlagert und seine gefäßerweiternde und schleimhautanschwellende Wirkung entfaltet.
Während Antihistaminika älterer Generation noch deutliche Nebenwirkungen wie Müdigkeit und Konzentrationsstörungen hervorrufen, gilt dies für die neuen Präparate nicht mehr. Die Zeiten, in denen nach der Einnahme von Chlorphenaminen oder Mebhydrolinen das Autofahren, Arbeiten an Maschinen und Alkoholtrinken absolut tabu waren, sind mit der neuen Wirkstoffgeneration überholt. Einige der neuen Substanzen wirken gleichzeitig auf mehreren Ebenen: Das Antihistaminikum Ketotifen blockiert beispielsweise nicht nur die Histaminrezeptoren, sondern stabilisiert gleichzeitig auch die Mastzellen und verringert damit die Histaminausschüttung.
Antiallergika
Direkt an den Mastzellen setzen antiallergische Wirkstoffe wie Natriumcromoglicinsäure oder Ketotifen an. Sie verhindern, daß die in den Schleimhäuten sitzenden Mastzellen Histamin und andere Vermittlerstoffe freisetzen, Voraussetzung dafür ist allerdings, daß sie schon vor einem Kontakt mit dem Allergen eingenommen werden. Pollenallergiker sollten daher schon vor Beginn der Blütezeit „ihrer“ Pollen mit der Behandlung beginnen. Entsprechend schlecht wirken diese Mittel gegen chronischen Heuschnupfen durch Haustiere oder Hausstaubmilben.
Bronchodilatatoren
Ebenso wie Nasensprays wirken auch die Bronchodilatatoren direkt auf das Symptom: Sie erweitern die in einem Asthmaanfall krampfartig verengten Bronchien und Bronchiolen. Ähnlich wie das körpereigene Adrenalin setzen sie an speziellen Rezeptoren der glatten Muskulatur an und führen zur Muskelerschlaffung. Bei starkem Asthma müssen diese Mittel regelmäßig vorbeugend inhaliert werden, um einen akuten Anfall zu verhindern oder zu dämpfen.
Die heute für die Inhalation eingesetzten Bronchodilatatoren Salutamol, Terbutalin, Fenoterol und Reproterol wirken nur auf die Schleimhäute von Nase und Lunge und sollen daher keine Nebenwirkungen im restlichen Körper haben. Anders dagegen die sogenannten Xanthin-Bronchodilatatoren, die es nur als Tabletten gibt: Sie entspannen zwar die Atemmuskeln, regen dafür aber die Herzmuskulatur an und wirken auch auf den Gehirnstoffwechsel. Neben Herzklopfen und Schlafstörungen können sie daher in hohen Dosen epileptische Anfälle auslösen.
Corticosteroide
Die „Klopper“ unter den Asthmamitteln sind zwar umstritten, dennoch scheinen die Corticosteroide oder Corticoide zumindest bei einigen Allergieformen noch immer die wirksamste Behandlung zu sein. Worauf ihre Wirksamkeit beruht, ist allerdings noch immer nicht völlig geklärt. Neuere Untersuchungen deuten an, daß Steroide die allergische Reaktion dämpfen, indem sie die Zahl der Mastzellen in den Schleimhäuten senken und damit die Quelle der entzündungs- und krampfauslösenden Vermittlerstoffe einschränken.
Die in Tabletten oder Spritzen verabreichten Mittel können aber gerade bei höherer Dosierung und regelmäßiger Einnahme erhebliche Nebenwirkungen haben, da die fremden Steroide in den Hormonhaushalt des Körpers eingreifen und die Produktion körpereigener Steroide in der Nebennierenrinde unterdrücken. Die Folgen reichen von Gesichtsbehaarung und verstärkter Neigung zu Blutergüssen bis hin zu Knochenentkalkung, Magengeschwüren und Diabetes. Für starke Asthmatiker, denen manchmal kein anderes Mittel mehr hilft, sind sie bislang leider noch immer die einzige Rettung. Bei lebensbedrohender Atemnot bleibt ihnen meist keine andere Wahl.
Stand: 26.03.2002