Weniger umstritten ist ein anderer potentieller „Verdächtiger“ der Massenaussterben: die globalen Temperaturen. Auch hier hat es während der letzten 590 Millionen Jahre mehrfach sowohl lokale als auch globale Schwankungen gegeben.
Kontinente wanderten über die Pole hinweg und vereisten, oder näherten sich dem Äquator und heizten sich auf, Eiszeiten ließen weltweit die Temperaturen um mehrere Grad fallen und verschoben die Grenzen der Klimazonen um Tausende von Kilometern. Tropische Gewässer verwandelten sich innerhalb von wenigen tausend Jahren in kühle Meere, feuchtwarme Regenwälder verschwanden und machten Steppen oder Tundren Platz.
Tödliche Temperaturschwankungen…
Nach Ansicht des Paläontologen Steven Stanley sind solche Szenarien geradezu prädestiniert für Massenaussterben: „Es gibt eine einfache Tatsache, die Klimawechsel als allgemeine Auslöser von Massenuntergängen wahrscheinlich macht: die Leichtigkeit, mit der eine weltweite Temperaturveränderung Myriaden von Arten ausrotten kann.“
Wie leicht schon kleine Temperaturschwankungen für einige Arten das Ende bedeuten können, zeigen, wenn auch in kleinerem Maßstab, die Auswirkungen des El Nino, einer alle paar Jahre auftretenden extrem warmen Meeresströmung im Ostpazifik. Im El Nino-Jahr 1982/83 starben durch den Anstieg der Meerestemperaturen um nur 5 – 6°C mehr als 90 Prozent aller Korallen in diesem Gebiet und 85 Prozent aller Seevögel.
Tropen besonders betroffen
Doch auch ein plötzlicher Temperaturabfall kann dramatische Folgen haben. Stanley untersuchte die Aussterbeereignisse vor allem unter den Meeresbewohnern und stellte dabei fest, dass die großen Massenaussterben in den tropischen Regionen besonders starke Verwüstungen hinterließen. Woran konnte das liegen? Einige Paläontologen waren der Ansicht, die tropischen Riffbewohner zählten einfach deshalb zu den Hauptleidtragenden, weil sie sehr spezialisiert waren und sich daher nicht an veränderte Umweltbedingungen – welcher Art auch immer – anpassen konnten.
Doch dagegen spricht, dass ähnlich spezialisierte Formen in höheren Breiten fast unbeschadet überlebten. Stanley geht daher von einer ganz anderen Erklärung aus: „Wenn die Erde deutlich kühler wird, können sich die nichttropischen Regionen einfach in niedrigere Breiten verlagern …das Leben in dieser Zone kann mitwandern. Die äquatoriale Zone dagegen muss zwangsläufig abkühlen.“
Im Gegensatz zu den an mäßige Temperaturen angepassten Tieren können die Bewohner der tropischen Meere oder Festlandsregionen bei einer globalen Abkühlung nirgendwohin mehr ausweichen. Für sie heißt es daher: anpassen oder sterben. Ähnliches gilt für die Bewohner der polaren Regionen bei einer globalen Erwärmung.
Dass eine – wie auch immer geartete – Form des Klimawandels bei fast allen Massenaussterben ihre „Hand im Spiel“ hatte, ist heute relativ unstrittig. Ob allerdings der Klimawandel der primäre Auslöser war, oder ob diese Klimaveränderungen vielleicht ihrerseits das Resultat eines anderen katastrophalen Ereignisses waren, ist nach wie vor unklar…
Nadja Podbregar
Stand: 20.02.2002