Evolution

Wildwasser statt ruhiger Fluss

Massenaussterben als Motor der Evolution

Lange Zeit galt unter Evolutionsforschern die Prämisse, dass die Entwicklungsgeschichte des Lebens ausschließlich auf der allmählichen, graduellen Veränderungen von Arten beruht. Aus einer Stammart entwickelt sich so mit der Zeit durch das Wechselspiel von Anpassung, Konkurrenz und Selektion eine Vielzahl von unterschiedlichen Abkömmlingen, neue Arten entstehen.

Typischerweise wird die Entwicklung des Lebens daher auch oft als nach oben breiter werdender Stammbaum dargestellt: Aus einem „Stamm“ gehen durch Verzweigung nach und nach immer mehr Seitenäste hervor, bis in der Krone die maximale Dichte erreicht wird. Diese Darstellung findet sich in fast jedem Biologiebuch.

Doch wie man inzwischen weiß, haben die tatsächlichen Abläufe in der Evolution damit nur wenig Ähnlichkeit. Sie gleichen eher einem langgezogenen, verzweigten Band aus vielen kürzeren Fasern, das mal dicker und mal dünner ist und viele lose Enden aufweist. Die Entwicklungslinie vieler Arten geht nicht ununterbrochen weiter, sondern bricht nach einer gewissen Zeit ab, in den Lücken entstehen durch Verzweigungen neue Lebensformen, nur um dann wenig später wieder zu verschwinden. Andere Stränge bleiben erhalten, verändern aber ihre Gestalt im Laufe der Zeit.

Plötzliche Einschnitte im Stammbaum

Auch die seit Darwin postulierte gleichmäßige zeitliche Entwicklung scheint immer weniger in das beobachtete Bild zu passen. Noch vor 20 Jahren galten stabile Umweltbedingungen auf einem Planeten als Grundvoraussetzung für die Entstehung hochentwickelter Lebensformen. Doch die Evolution auf der Erde war offenbar keineswegs ein langer ruhiger Fluss, sondern gleicht in ihrem Verlauf eher einem unberechenbaren Wildwasser, bei dem sich Stromschnellen und ruhige Abschnitte abwechseln.

Die Fossilienfunde belegen mehr und mehr, dass die Artenzahl und -vielfalt oft über Jahrtausende oder Jahrmillionen fast unverändert blieb, und erst plötzliche Einschnitte diese Stagnationsphasen beendeten und zu einer explosionsartigen Entwicklung neuer Arten und Lebensformen führten.

Nach Ansicht vieler Paläontologen sind genau diese Einschnitte und Störungen der Motor der Evolution. Folgerichtig, so erzählt David Raup in seinem Buch „Zufall oder Vorsehung?“ konzentriert sich die Suche der amerikanischen Weltraumbehörde NASA nach möglichem Leben im All auch mehr und mehr auf diejenigen Planeten, auf denen genügend Störungen auftreten, um ein Aussterben und damit auch die Entstehung neuer Arten zu ermöglichen…

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Nadja Podbregar
Stand: 21.02.2002

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Massenaussterben
Katastrophale "Unfälle" der Evolution?

Überlebensrate 0,1 Prozent
Aussterben prägt die Erdgeschichte

Mehr als nur eine Frage der Masse...
Was kennzeichnet ein Massenaussterben?

Kambrium
Das "Aus" für die Trilobiten

Ordovizium
Aufstieg und Fall der räuberischen Nautiloideen

Devon
Die Ära der Panzerfische

Perm
Das größte Aussterben der Erdgeschichte

Trias
Als die Vorfahren der Saurier starben...

Kreide-Tertiär
Der Untergang der Dinosaurier

Wer war's?
Der erste Verdächtige: Meeresspiegelschwankungen

Todesfalle Temperatur?
Der zweite Verdächtige: Klimawandel

Kosmische Katastrophe?
Der dritte Verdächtige: Ein Meteoriteneinschlag

Kosmischer Killer oder Nebenschauplatz?
Die möglichen Auswirkungen eines Meteoriteneinschlags

Feuerspeiende Erde
Der vierte Verdächtige: Katastrophale Vulkanausbrüche

Flammendes Inferno mit globalen Folgen?
Die möglichen Folgen des Dekkan-Trapp-Vulkanismus

Impakt oder Vulkanismus?
Der Streit um das Aussterben der Dinosaurier

Der Fall Nemesis
Sind Massenaussterben periodisch wiederkehrend?

Tod mit System?
Periodizität als heißes Eisen und Streitfall

Wildwasser statt ruhiger Fluss
Massenaussterben als Motor der Evolution

Pech, Zufall oder Vorsehung?
Wer wird Opfer?

Wie stirbt man aus?
Faktoren, die das Aussterben begünstigen

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