Geowissenschaften? Ach ja, das sind doch die Forscher, die sich mit Erdgeschichte, dem Erdinneren und so beschäftigen… Die Vorstellung von den Geowissenschaften als einer historisch ausgerichteten, wenig angewandten Wissenschaft ist im Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit noch immer tief verwurzelt. Auch wenn Klimatologen regelmäßig für Schlagzeilen sorgen, die Umweltkatastrophen die Nachrichten füllen oder die drohende Energiekrise hitzige Debatten auslöst – die wenigsten assoziieren diese Ereignisse und ihre Erforschung mit den Geowissenschaften.
Dabei haben sich die Schwerpunkte und Themen der Geowissenschaften längst gewandelt – wenn auch offenbar weitestgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit: Im Blickfeld der Geowissenschaftler steht heute nicht mehr allein die rekonstruierende Betrachtung der Erde und ihrer Geschichte, sondern vielmehr die Frage nach ihrer Zukunft.
Die wachsende Weltbevölkerung und die dadurch immer knapper werdenden Rohstoffe und Energieressourcen, die zunehmende Gefährdung der Umwelt, die drohende Klimaveränderung – dies sind die Themen, an denen Geowissenschaftler heute immer mehr forschen. Als Spezialisten für vergangene Katastrophen und ökologische Umschwünge profitieren sie dabei von ihrer historischen Tradition, von ihrem Einblick in die Prozesse, die die Erde immer wieder verändert und geprägt haben.
Klimatologen kennen die launische Temperaturkurve des Patienten Erde und entwickeln daraus Prognosen für die Zukunft, Geologen und Geophysiker nutzen ihr Wissen um die dramatischen Prozesse im Inneren der Erde, um Frühwarnsysteme und Vorsorgemaßnahmen zum Schutz vor Erdbeben oder Vulkanausbrüchen zu entwickeln. Geografen, Geodäten, Geoinformatiker und Geoökologen ermitteln mithilfe von High- und Lowtech-Methoden umweltverträgliche Bahn- oder Straßentrassen oder suchen nach ökologisch vertretbaren Standorten und Möglichkeiten der Abfall- und Altlastenentsorgung.
Doch die Geowissenschaftler nutzen nicht nur das aus der Vergangenheit gelernte für die Zukunft, sie sitzen auch an einer Schnittstelle zwischen naturwissenschaftlicher Grundlagenforschung und praktischer, anwendungsorientierter Ingenieursarbeit. Entscheidend wichtig ist dies vor allem dort, wo es um die optimale und effektive Nutzung der ohnehin immer knapper werdenden Ressourcen geht.
Schon John F. Kennedy erkannte dies im Jahr 1961: „Unsere gesamte Gesellschaft ist begründet auf – und abhängig von – unserem Wasser, unserem Land, unseren Wäldern und unseren Rohstoffen. Wie wir diese Ressourcen nutzen, beeinflusst unsere Gesundheit, Sicherheit, Wirtschaft und unser Wohlergehen.“ – und genau dieses „Wie“ versuchen auch die Geowissenschaftler zu beantworten…
Stand: 19.01.2002