Doch die Natur nutzt den goldenen Schnitt keineswegs nur im Pflanzenreich, auch in der Fauna findet sich die „göttliche Proportion“ wieder: Die spiralige Schale eines Nautilus und viele Schneckenhäuser bergen in sich nicht nur die allgegenwärtige Fibonacci-Reihe, sondern auch eine logarithmische Spirale, die auf dem goldenen Rechteck der Antike zu basieren scheint.
Ähnlich wie eine Strecke lässt sich auch ein Rechteck nach dem goldenen Schnitt teilen. Wiederholt man dies mehrfach, ergibt sich eine Reihe von ineinander verschachtelten Quadraten, bei denen jede Seitenlänge sich aus der Summe der Seitenlängen der beiden nächstkleineren Quadrate ergibt. Doch damit nicht genug der Zahlenspiele: Verbindet man nun die Eckpunkte der Quadrate mit einer gebogenen Linie, ergibt sich eine Spirale. Sie hat die faszinierende Eigenart, dass sich mit wachsender Größe die Form ihrer Biegung nicht verändert. Sie ist selbstähnlich.
Für den Mathematiker Jacob Bernoulli waren diese Spiralen 1691 reinste Magie, er nannte sie kurzerhand „spira mirabilis“ – Wunderspirale. Und auch Leonardo da Vinci war von der mathematischen Präzision der Schalen fasziniert: „Das Tier, das in der Muschel wohnt, baut sich seine Wohnung mit Verbindungen und Fugen, einem Dach mit verschiedenen anderen Teilen, genau wie der Mensch in dem Haus, wo er wohnt. Und dieses Tier vergrößert das Haus und das Dach allmählich, je nach Wachstum seines Körpers und seinem Ansatz an den Seiten dieser Schalen.“
Doch warum ist dies so? Selbstähnliche Strukturen wie die logarithmische Spirale der Nautilusschale finden sich sowohl in der belebten wie in der unbelebten Natur. Apfelmännchen, Fraktale, die Verwzweigungsmuster von Bakterienkolonien oder Baumästen – offensichtlich gibt es universelle Gesetzmäßigkeiten, die diese Formen hervorrufen. Da sich in der Evolution solche biologischen Muster bis heute durchsetzen konnten, müssen sie Vorteile gegenüber anderen Formen besitzen. Doch noch haben die Wissenschaftler gerade erst begonnen, das Geheimnis der magischen Zahlenspiele der Natur zu lüften…
Stand: 14.11.2001