Über 1.200 Kilometer lang, fast 500 Kilometer breit und bis zu 1.000 Meter tief: Das Kaspische Meer ist der größte See der Erde. Er entstand vor circa fünf Millionen Jahren als die Paratethys, ein riesiger jungtertiärer Ozean zwischen dem Voralpenland und heutigem Aralsee, in Einzelbecken wie das Schwarze und das Kaspische Meer zerfiel.
Die zahlreichen später folgenden Eiszeiten speisten das Kaspische Meer immer wieder mit Frischwasser und sorgten dafür, dass neue Tier- und Pflanzenarten in die Region einwandern konnten. 370.000 Quadratkilometer Fläche bedecken die Wassermassen des Kaspischen Meeres heute. Zum Vergleich: Der Bodensee würde in dem riesigen Meer problemlos 650 mal Platz finden.
Ähnlich wie der einige Hundert Kilometer östlich gelegene Aralsee liegt das Kaspische Meer in einer Senke und zählt mit 28 Meter unterhalb des Meeresspiegels zu den am niedrigsten gelegenen Regionen der Welt.
Mehrere mächtige Gebirge und Höhenzüge umrahmen das Kaspische Meer. Im Westen ragen die Gipfel des Kaukasus in den Himmel, im Süden und Osten setzen das Elbrus-Massiv und das Ust-Urt-Plateau dem See enge Grenzen. Im Norden dagegen geht das Meer fast nahtlos in das kaspische Tiefland über. Dort gibt auch die Wolga ihre gewaltigen Fluten in einem flachen Delta in das Kaspische Meer ab. Fast 80 Prozent des Wassereinflusses in den Binnensee stammen aus dem mächtigen russischen Strom. Die Wolga bringt aber nicht nur Wasser, auch Schadstoffe wie Phosphate – 120 Tonnen pro Jahr – und Nitrate – 1.500 Tonnen jährlich – gelangen in großen Mengen in den See und beeinflussen das empfindliche Ökosystem.
Ural, Emba, Terek oder Kur – insgesamt versorgen neben der Wolga noch weit mehr als 100 Flüsse das Kaspische Meer mit Süßwasser. Fast alle größeren von ihnen münden ebenfalls in den Nordteil des Kaspischen Meeres. Natürliche Abflüsse aus dem See dagegen fehlen völlig. Ausschließlich Verdunstung und Niederschlag bestimmen deshalb neben dem Wasser der zuführenden Flüsse den Meeresspiegel des Binnengewässers.
Fast 100 Jahre lang – so konnten Hydrogeologen feststellen – nahm der Wasserspiegel des Kaspischen Meeres immer weiter ab. Zahlreiche Bewässerungsprojekte im Ober- und Mittellauf der Flüsse sorgten dafür, dass weniger Wasser in den See strömte als durch die Verdunstung verloren ging. Der See schrumpfte deshalb in diesem Zeitraum um mehr als zehn Prozent. Erst seit 1977 zeigt sich eine Trendwende. Seitdem steigt der Meeresspiegel des Sees erstaunlicherweise wieder kontinuierlich an. 1995 hatte der Pegel des Kaspischen Meeres bereits wieder das Level der 30er Jahre erreicht. Einige Forscher vermuten, dass durch die Klimaerwärmung vermehrt Schmelzwasser aus den Gebirgen in den See transportiert wird.
Das Tiefenwasser des Kaspischen Meeres wird nur sporadisch durch frisches, sauerstoffreiches Oberflächenwasser ersetzt. Zum letzten Mal erfolgte eine solche sporadische Tiefenwassererneuerung vermutlich vor etwa 20 Jahren. Welche Ereignisse diesen Wasseraustausch auslösen, ist heute noch weitgehend unbekannt.
Halb See, halb Ozean: Vom Salzgehalt her nimmt das Kaspische Meer eine Mittelstellung zwischen Frischwasser und dem freien Ozean ein. Die Salinität des Sees liegt bei 12,3 Promille im Gegensatz zu 35 Promille im Wasser der Weltmeere. Erstaunlich hoch ist dagegen der Sulfat-Gehalt des Sees. Schuld daran ist vermutlich unter anderem ein übermäßiger Düngemitteleinsatz in der Landwirtschaft der Kaspi-Region.
Der größte See der Welt liegt in einer geologisch gesehen hoch aktiven Zone. Die Anatolische und Iranische Kontinentalplatte schieben sich hier über die Eurasische Platte. Im Laufe von Jahrmillionen ist dabei beispielsweise das Kaukasus-Gebirge entstanden. Berge wie der Elbrus reichen in Höhen bis zu 5.633 Meter hinauf.
Das lokale Klima in der Kaspi-Region ist stark kontinental geprägt. Heisse trockene Sommer werden von langen, frostigen Wintern abgelöst. Manchmal wird es dann sogar so kalt, dass große Teile im Norden des Sees monatelang zufrieren.
Stand: 07.11.2001