Die „Roboter in Weiß“ können noch mehr. Zunehmend führen sie nicht nur Hilfs- oder Diagnosetätigkeiten aus, sondern arbeiten auch in den sensibelsten Bereichen der Medizin – direkt am Menschen.
Gerade in schwierigen Operationen oder auch beim simplen Nadelstich kommt eine Fähigkeit der Roboter besonders zum Tragen: Ihre Präzision. Wenn es auf millimetergenaues Arbeiten ankommt, können elektronische OP-Helfer wie „Caspar“ die Arbeit eines menschlichen Chirurgen sinnvoll ergänzen.
„Caspar“ ist das erste Roboteroperationssystem seiner Art in Europa. Der Roboter hilft nicht nur bei der Positionierung von Schnitten oder Bohrungen, sonder greift auch selbst zu Bohrer und Skalpell. Bei Kreuzbandoperationen ist er es, der die Bohrkanäle fräst, durch die das Ersatzband eingezogen wird. Bisher konnte bei dieser Operation in einem Viertel der Fälle das Ersatzband nicht genau genug platziert werden. Die Folge: Die Patienten trugen bleibende Schäden davon. Dank „Caspar“ hat sich die Fehlerquote erheblich verringert. In der Unfallchirurgie der Ulmer Universitätsklinik soll Caspar nun nicht nur Kreuzbänder und Hüftgelenke operieren, sondern künftig auch in anderen Operationen den Chirurgen zur Seite stehen.
Am Fraunhofer Institut für Produktionstechnik und Automatisierung in Stuttgart entsteht zur Zeit ein weiterer „stählerner Chirurg“. Der neue Roboter soll vor allem Eingriffe am menschlichen Nervensystem genauer und damit sicherer machen. „Ein geübter Operateur kann etwa bis zu einem Zehntelmillimeter genau arbeiten“, erklärt der Neurochirurg Volker Urban, der den Prototyp mit entworfen hat, „unser System ist auf fünf Tausendstel Millimeter präzise.“
Um diese Genauigkeit zu erreichen, haben die Wissenschaftler sich vom bislang üblichen Vorbild eines „Gelenkarms“ gelöst. Statt dessen sind die Operationswerkzeuge auf einer von sechs Teleskopstangen bewegten Plattform angebracht. „An jeder Aktion sind mehrere Stangen beteiligt, dadurch heben sich Ungenauigkeiten zum größten Teil gegenseitig auf.“, beschreibt Andrea Hiller vom Fraunhofer Institut das Prinzip. Gesteuert wird der Roboter über ein Computerterminal, das der (menschliche) Chirurg bedient.
Aber auch „aufs Wort gehorchen“ kann der elektronische Chirurg bereits: Auf Befehle wie „Up“, „Left“ oder „Right“ setzt sich „OP 2015“ in Bewegung. Erste Tests mit dem Roboter sind bereits erfolgreich verlaufen. Es könnte also sein, dass es demnächst ein „stählerner Chirurg“ ist, der Endoskopaufnahmen ihres Gehirns macht, ein Hörgerät in den Schädelknochen einsetzt oder Medikamente zielgenau an winzigen Thrombosen in der Netzhaut ihres Auges platziert…
Stand: 21.10.2001