Dass etwas ganz und gar nicht stimmt, bemerkten Biologen erstmals in den 1980er Jahren – im tropischen Mittelamerika. Dort, wo farbenfrohe Frösche seit jeher zum gewohnten Bild gehörten, ereignete sich Merkwürdiges: Amphibienforscher fanden bei ihren Exkursionen plötzlich keine dieser Tiere mehr. Selbst dort, wo man früher fast bei jedem Schritt versehentlich auf einen Frosch getreten wäre, machten sich die bunten Hüpfer rar.
Auch den normalen Bürgern fiel etwas auf: Sie hörten gar kein Quaken mehr. Nach wiederholten Funden zahlloser toter Kadaver kursierten dann die ersten Meldungen über einen dramatischen Rückgang der Froschbestände. Auch in Südamerika beobachtete man ein Schrumpfen der Populationen und in Australien schien ebenfalls ein seltsamer Amphibienschwund vonstatten zu gehen. Warum die Tiere starben, blieb rätselhaft.
Ein Hautpilz als Ursache
Erst 1998 wurde der Chytridpilz als die Ursache dieses mysteriösen Massensterbens identifiziert. Der mikroskopisch kleine Töpfchenpilz befällt die Haut von Amphibien und kann dabei die Krankheit Chytridiomykose auslösen. Betroffene Tiere hören auf zu fressen, wirken apathisch und können sich nur noch eingeschränkt bewegen, in manchen Fällen treten sichtbare Hautveränderungen auf. Die meisten Tiere verenden schließlich.
Doch warum ist der Pilzbefall für Frösche, Kröten und Molche so verheerend? Das Heimtückische an Batrachochytrium dendrobatidis: Er infiziert mit der Haut ein für Amphibien besonders wichtiges Organ. Die Tiere atmen nicht nur mit der Lunge, sondern auch über die Haut. Zudem erfüllt das Organ bei ihnen Funktionen für den Flüssigkeits- und Mineralstoffwechsel. All diese Funktionen stört der Pilz, wie Wissenschaftler vermuten – er behindert die Atmung und bringt den Metabolismus durcheinander.
Weltweite Verbreitung
In den vergangenen drei Jahrzehnten hat es der Erreger nicht nur geschafft, zwei Drittel der Arten aus der Gattung der in Mittelamerika verbreiteten, bunten Stummelfußfrösche akut vom Aussterben zu bedrohen. Er hat sich zudem immer weiter ausgebreitet. Inzwischen soll er für das Amphibiensterben bei über 500 Spezies auf der ganzen Welt verantwortlich sein und hat selbst entlegene Inseln erobert.
So ist der Pilz 2015 erstmals auf Madagaskar nachgewiesen worden – einem Hotspot der Artenvielfalt. In dem Inselstaat im indischen Ozean leben allein etwa 290 Amphibienspezies, die ausschließlich dort vorkommen. Dass der Chytridpilz bereits auf ein solch abgelegenes Landstück gelangt ist, bedeutet nach Ansicht von Experten: Er kann und wird in Zukunft überall auftreten.
Auch in Europa und in Deutschland hat sich der Erreger längst breit gemacht. Forscher haben ihn unter anderem bei Lurchen in den Pyrenäen und den Alpen nachgewiesen. Von den bei uns heimischen Arten sind zum Beispiel der Feuersalamander, die Erdkröte und die Geburtshelferkröte betroffen.
Daniela Albat
Stand: 13.04.2018