Was aber bedeuten diese Erkenntnisse für unseren Zuckerkonsum? Klar scheint: Zu viel Zucker ist in jedem Falle ungesund. Denn die Süßmacher enthalten viele Kalorien, bringen den Stoffwechsel aus dem Gleichgewicht und beanspruchen unser Insulinsystem. Gleichzeitig aber scheint es auch auf die Art des Zuckers anzukommen.
Früchte sind gesund, zugesetzter Fruchtzucker aber nicht
Vor allem der einst als gesund gepriesene Fruchtzucker entpuppt sich immer mehr als Missetäter – zumindest, wenn er im Übermaß genossen wird und künstlich zugesetzt ist. Demgegenüber scheint naturbelassenes Obst trotz seines Fructosegehalts diese schädlichen Wirkungen nicht zu haben. „Früchte enthalten neben der Fructose jede Menge wichtige Spurenelemente, Vitamine und Ballaststoffe – ihr Genuss ist gesund und sicher“, sagt Peter Mirtschink von der ETH Zürich.
Anders dagegen bei Fertiggerichten und Getränken, denen Fructose oder der fructosehaltige Maissirup zugesetzt wurde. „Dieser Überschuss an Fruchtzucker trägt dazu bei, die gesundheitsschädlichen Mechanismen in Gang zu bringen“, so Mirtschink. Er und viele andere Wissenschaftler vermuten daher, dass die rasante Zunahme von Übergewicht und Stoffwechselkrankheiten in den USA und anderen Industrieländern zumindest teilweise auf diese zugesetzten Süßmacher zurückzuführen ist.
Übergewichts-Epidemie durch Fructose-Sirup?
In den USA und Mexiko wird der Maissirup schon seit den 1970er Jahren von der Lebensmittel- und Getränkeindustrie eingesetzt. „Der exzessive Konsum von fructosehaltigem Maissirup, wie er in vielen Limonaden enthalten ist, könnte daher ein entscheidender Faktor für diese Epidemie der Fettleibigkeit sein“, konstatiert Nicole Avena von der University of Florida.
Inzwischen gibt es schon erste Bestrebungen, wieder gegenzusteuern und den Konsum fructosehaltiger Lebensmittel einzuschränken. So zieht die mexikanische Regierung seit 2014 auf zuckerhaltige Getränke eine Steuer von zehn Prozent ein. Auch einige andere länder diskutieren ein solches Vorgehen. In Europa ist zwar der Zuckerkonsum ebenfalls schon lange ein Problem, der Anteil der Fructose lag jedoch bisher niedriger als in den USA. Denn um die europäische Zuckerproduktion aus Rüben zu schützen, war der Anteil des fructosehaltigen Maissirups in der EU bisher auf fünf Prozent begrenzt.
Droht jetzt Europa die Sirup-Schwemme?
Seit dem 1. Oktober2017 jedoch ist diese Beschränkung aufgehoben. Ab jetzt darf der Maissirup auch bei uns unbegrenzt verwendet werden. Weil er deutlich einfacher und billiger herzustellen ist als Rübenzucker, wird er künftig auch in Europa deutlich häufiger eingesetzt werden. Experten befürchten, dass dadurch der Anteil der Isoglucose in Europa bis auf 40 Prozent steigen könnte.
Das aber bedeutet: Während in den USA und anderen Ländern bereits wieder gegengesteuert wird, steht uns die große Fructose-Welle noch bevor. Das Tückische dabei: Die Isoglucose muss auf der Verpackung nicht eigens deklariert werden. Wo überall der fructosehaltige Sirup drinsteckt und wie viel Fruchtzucker man tatsächlich zu sich nimmt, ist daher nur schwer zu erkennen.
Experten raten daher: Am besten verzichtet man so weit wie möglich auf gesüßte Limonaden und Eistees – das spart in jedem Falle Kalorien und schont den Stoffwechsel. Auch Fertiggerichte enthalten jede Menge versteckter Zucker und meist auch zu viel Salz und Fett. Insofern sollten auch sie besser nicht täglich auf dem Speiseplan stehen.
Nadja Podbregar
Stand: 06.10.2017